Frage an Rainer Spiering von Hendrik M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Herr Spiering,
was gedenken Sie als Vertreter der Agrarlobby gegen die Luftverschmutzung durch penetranten Güllegestank zu unternehmen? Die Situation ist heute (02.April) schier unerträglich, man muß schon fast einen zweiten Bekleidungssatz parat halten!
Das wirft ein sehr, sehr schlechtes Licht auf diesen schönen Kurort ; die Nitratbelastung des Grundwassers geht gefühlt gegen unendlich!
Ich erwarte eine unverzügliche Antwort und pragmatische Lösungsansätze zu diesem Problem!!
Gruß aus Bad Rothenfelde - Aschendorf
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Frage. Zunächst einmal bin ich entgegen Ihrer Behauptung kein Vertreter der Agrarlobby, sondern vertrete als Abgeordneter des Deutschen Bundestages die Interessen der Bürgerinnen und Bürger.
Die Folgen von übermäßiger Düngung stellt Deutschland derzeit vor große Herausforderungen. Die Umweltbelastung durch zu hohe Nitratrückstände im Grundwasser sowie die Luftverschmutzung durch eine verzögerte Einarbeitung der Gülle, welche teilweise ganze Ortschaften belastet, strapaziert die Geduld der Bürgerinnen und Bürger. Deswegen ist es höchste Zeit, dass ein umfassender Schutz unserer Umwelt, sprich Wasser, Luft, Boden, Klima sowie der Erhalt der Artenvielfalt, eine Selbstverständlichkeit der deutschen Agrarpolitik werden und u. a. durch ein nachhaltiges Düngerecht sichergestellt werden. Dies sollte auch die Vertretung des Berufsstandes endlich begreifen und ihre beharrende Verteidigungshaltung überwinden.
Vor dem Hintergrund der Verstöße Deutschlands gegen europäisches Recht, muss die Bundesregierung nun endlich handeln. Seit 2007 verstößt Deutschland gegen die EU-Nitratrichtlinie, die vorschreibt, dass gemäß den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Grundwasser nicht mit mehr als 50 mg/l Nitrat belastet sein darf. Rund ein Viertel aller Grundwasserkörper in Deutschland sind jedoch über die Maßen belastet. Der Europäische Gerichtshof hat im letzten Jahr höchstrichterlich der Klage der EU-Kommission Recht gegeben, dass Deutschland nach wie vor kein wirksames Düngerecht hat, um die Vorgaben der EU-Nitratrichtlinie zu erfüllen.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat schon frühzeitig dafür geworben, die Klage der EU-Kommission ernst zu nehmen und vollständig in die letzte Reform des Düngerechts einfließen zu lassen. Leider ist dies aufgrund der Zaghaftigkeit des Bundeslandwirtschaftsministeriums sowie der gegensätzlichen Länderinteressen in der Vergangenheit nicht erfolgt.
Derzeit laufen die Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und der EU-Kommission um einem drohenden Zweitverfahren zu entgehen.
Klar ist: die vom Europäischen Gerichtshof und der Europäischen Kommission geforderten Verschärfungen im Düngerecht sind unumgänglich und auch notwendig. Wie eine nachhaltige Reform des Düngerechts aussehen sollte, um die Luftverschmutzung und Nitratbelastung zu reduzieren sowie die Trinkwasserkosten stabil zu halten und weitere Strafzahlungen in Milliardenhöhe zu verhindern, habe ich zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen der SPD-Arbeitsgruppe für Ernährung und Landwirtschaft, in einem 12-Punkte-Programm festgehalten (hier können Sie die 12 Punkte nachlesen: https://www.topagrar.com/management-und-politik/news/spd-draengt-auf-rueckkehr-zur-flaechengebundenen-tierhaltung-11511321.html ).
Gerade im Hinblick auf die von Ihnen angesprochene Luftverschmutzung durch die von der Gülle freigesetzten Schwefelwasserstoff Gase, fordern wir eine bodennahe Ausbringung und wenn möglich unverzügliche Einarbeitung der aufgebrachten Düngemittel. Dies mindert die Schwefelwasserstoffemissionen erheblich und muss gesetzlicher Standard im Ordnungs- und Förderrecht werden. Zudem muss auch die Forschung an und die (Weiter-)Entwicklung von bestehenden und neuen Technologien zur Gülleverwertung intensiviert werden. Vor allem die Bereiche Logistik sowie Ausbringungstechnologien sollten weiter erforscht werden, da durch die Potentiale der Digitalisierung umweltschädliche Nährstoffüberschüsse und Emissionen reduziert werden können.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Spiering, MdB