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Rainer Spiering
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Frage von Joachim S. •

Frage an Rainer Spiering von Joachim S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Spiering,

Sie haben das mit NEIN zu erwartende Abstimmungsverhalten der SPD-Fraktion auf den Antrag der Grünen auf eine Ausweitung des Jugend- und Gesundheitsschutzes durch Verbot von Tabakwerbung in der Lesung vom 08. Juni damit begründet, dass sich die SPD an Verträge hält. Können Sie mir bitte die Stelle im Koalitionsvertrag benennen, an der die große Koalition beschlossen hat, Tabakwerbung auf dem - nebenbei gesagt in meinen Augen untragbaren - Stand zu zementieren? D. h. die Stelle, an der drei Parteien beschließen, dass jährlich 120.000 (bzw. nach offensiveren Rechnungen gar 140.000) Tabaktote in Deutschland richtig und gut wären und nichts für die Volksgesundheit und ganz nebenbei für die Entlastung der Sozialkosten (aktuell werden die jährlichen Gesundheitskosten durch die Nikotinsucht mit ca. 85 Mrd. € beziffert) sowie die Prävention für den Einstieg von Kindern und Jugendlichen in eine oft lebenslängliche Abhängigkeit mit schwerwiegenden Folgen für ihre Gesundheit tun möchten.
Ich freue mich sehr auf Ihre Antwort und bitte Sie zudem, der eigentlichen Haltung der SPD, die sie nach dem ersten Satz Ihrer Rede wunderbar klar gestellt haben, bei dem Abstimmungsverhalten zu folgen!

Mit den besten Grüßen
J. S.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage über das Portal www.abgeordnetenwatch.de

Meine Aussage zum Vorschlag der Grünen erklärt sich dadurch, dass wir mit dem damaligen Gesetzesentwurf des BMEL einen guten und sehr weitgreifenden Vorschlag bereits vorliegen haben. Ich fordere daher die zuständige CDU-Landwirtschaftsministerin auf, diesen nicht in der Schublade verstauben zu lassen, sondern ihn in die parlamentarische Beratung einzubringen und beraten zu lassen.
Als Raucher habe ich kein Verständnis dafür, dass eine Debatte zur Beschränkung der Tabakwerbung abgewürgt wird, bevor sie überhaupt geführt werden kann. Eine offene Diskussion liegt daher in unserem ureigenen Interesse. Ein Thema einfach unter den Tisch zu kehren, kann nicht die Art sein, wie wir mit Meinungsverschiedenheiten und Problemen umgehen sollten. Hier geht es um die Gesundheit und Aufklärung aller. Daher ist auch die Debatte zum Gesetzentwurf der Grünen richtig.

Das Verbot von gesundheitsschädlichen Zusatzstoffen ist ein notwendiger Schritt zum verbesserten gesundheitlichen Verbraucherschutz. Die angedachten Maßnahmen sollen die Attraktivität von Tabakerzeugnissen vermindern und sich verstärkt auf die jüngere Altersgruppe auswirken. Eine Reduzierung von Werbereizen (Außenwerbung/ Kinowerbung) für den Konsum von Zigaretten und Tabakerzeugnissen sowie ein Abgabeverbot für E-Zigaretten an Kinder und Jugendlichen ist sinnvoll und kann den Einstieg in eine Raucher-Karriere verhindern.
Für mich als Sozialdemokrat sind der Gesundheitsschutz und die Aufklärung der Verbraucherinnen und Verbraucher besonders wichtig. Wir müssen auf Prävention setzen und verhindern, dass insbesondere Kinder und Jugendliche mit dem Rauchen beginnen. Studien sowie die öffentliche Anhörung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft im Februar 2016 haben bestätigt, Rauchen ist eines der größten vermeidbaren Gesundheitsrisiken. Laut dem Statistischen Bundesamt gab es im Jahr 2013 allein in Deutschland insgesamt 121.087 Todesfälle, die auf das Rauchen zurückzuführen sind.
Die Folgekosten für den Staat haben Sie in Ihrer Frage selbst benannt. Laut den mir vorliegenden Statistiken liegen für Deutschland die jährlichen Folgekosten aufgrund des Tabakkonsums bei 79,1 Milliarden Euro. Die Schäden des Zigarettenkonsums für die Gesellschaft sind enorm.

Mit der nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie im Jahr 2016 haben wir den gesundheitlichen Verbraucherschutz auf europäischer Ebene harmonisiert und den Verbraucherinnen und Verbrauchern durch die gesundheitsbezogenen kombinierten Text-Bild-Warnhinweise auf den Verpackungen die gesundheitlichen Gefahren des Rauchens vor Augen geführt. So soll der Tabakkonsum eingeschränkt und reduziert werden.
Daher war im ursprünglichen Gesetzentwurf des BMEL eine über die Vorgaben der EU-Richtlinie weitergehende Formulierung angedacht. Diese beinhaltete ein Verbot der Außenwerbung für Tabakerzeugnisse, elektrischen Zigaretten sowie für Nachfüllbehälter. Ebenso war ein Verbot für Kinowerbung für Tabakerzeugnisse, elektr. Zigaretten und Nachfüllbehälter angedacht, wenn ein Film nach dem in § 14 des Jugendschutzgesetzes „keine Jugendfreigabe“ hat. Auch ein Verbot der kostenlosen Abgabe von Tabakerzeugnisse, elektr. Zigaretten und Nachfüllbehälter war im Gesetzentwurf eingeplant. Zudem sollten die Regelungen zu nikotinhaltigen E-Zigaretten auf nikotinfreie E-Zigaretten ausgeweitet werden. Hinzu kam eine Erweiterung der verbotenen Zusatzstoffe bei Einzelsubstanzen, Stoffgruppen und Bestandteilen von Pflanzengattungen.
Dazu kam es jedoch nicht! Die Lobby hat ganze Arbeit geleistet und insbesondere den Wirtschaftsflügel der CDU/CSU-Fraktion davon zu überzeugen, dass die EU-Richtlinie lediglich 1:1 umgesetzt werden sollte. Auch ein offener Brief meinerseits an den Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU, Volker Kauder, konnte nicht überzeugen und so kam dieser Teil des Gesetzentwurfes nie in die parlamentarische Beratung. Die EU-Richtlinie wurde so gut wie 1:1 umgesetzt.

Zusammenfassend: Der damalige Gesetzentwurf des BMEL aus der letzten Legislaturperiode sollte neu eingebracht und im Parlament beraten werden.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Spiering, MdB