Frage an Rainer Spiering von Peter J. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
NOZ online vom 28.10.2014
Regierung will Tarifeinheit per Gesetz
Bedeutet das, daß auch die Leiharbeiter nach dem Tarif für die Stammbelegschaft bezahlt werden sollen?
Sehr geehrter Herr Josupeit,
vielen Dank für Ihre Frage vom 28.10.2014.
Sie sprechen dort zwei verschiedene Themen an, die es zu differenzieren gilt. Da ist einerseits die Tarifeinheit, welche per Gesetz geregelt werden soll und andererseits die Frage wie sich Tarife auf Stammbelegschaft und Leiharbeiter desselben Arbeitgebers auswirken. Zum ersten Punkt: Die Tarifeinheit, die durch ein neues Gesetz geregelt werden soll, bezieht sich auf die Konfliktlösungen zwischen verschiedenen Tarifgruppen. Ich möchte dies an einem hypothetischen Beispiel verdeutlichen. Beispiel: Existieren in einem Betrieb innerhalb der Arbeitnehmerschaft mehrere Tarifverträge unterschiedlicher Gewerkschaften, so kann - falls die Beteiligten nicht untereinander eine gemeinsame Lösung finden - in Zukunft das Mehrheitsprinzip entscheiden. Dies bedeutet, dass der Tarifvertrag jener Gewerkschaft bei den Verhandlungen seine Anwendung findet, welche prozentual die meisten Mitglieder im Betrieb hat. Selbstverständlich haben nach wie vor die bewährten Verfahren Vorrang. Das heißt, Gewerkschaften untereinander bilden Tarifgemeinschaften oder klären ihre Zuständigkeitsbereiche. Erst wenn diese Mechanismen der Selbstregulierung versagen, kommt das neue Tarifgesetz zur Anwendung. Zu Ihrem zweiten Punkt: Die SPD-Bundestagsfraktion fordert, wie im Koalitionsvertrag festgehalten den „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“. Von daher ist eine Angleichung der Gehälter vorgesehen und erstrebenswert. Dazu finden Sie im Koalitionsvertrag in Bezug auf das Arbeitnehmerüberlassungs-gesetz (AÜG), folgende Aussage: „Wir präzisieren im AÜG die Maßgabe, dass die Überlassung von Arbeitnehmern an einen Entleiher vorübergehend erfolgt, indem wir eine Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten gesetzlich festlegen. Durch einen Tarifvertrag der Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche oder auf Grund eines solchen Tarifvertrags in einer Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung können unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Stammbelegschaften abweichende Lösungen vereinbart werden. Wir entwickeln die statistische Berichterstattung zur Arbeitnehmerüberlassung bedarfsgerecht fort.
Die Koalition will die Leiharbeit auf ihre Kernfunktionen hin orientieren. Das AÜG wird daher an die aktuelle Entwicklung angepasst und novelliert:
- Die Koalitionspartner sind sich darüber einig, dass Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer künftig spätestens nach 9 Monaten hinsichtlich des Arbeitsentgelts mit den Stammarbeitnehmern gleichgestellt werden.
- Kein Einsatz von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern als Streikbrecher.
- Zur Erleichterung der Arbeit der Betriebsräte wird gesetzlich klargestellt, dass Leiharbeitnehmer bei den betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten grundsätzlich zu berücksichtigen sind, sofern dies der Zielrichtung der jeweiligen Norm nicht widerspricht.“
Mit freundlichen Grüßen,
Rainer Spiering