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Rainer Schmeltzer
SPD
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Frage von Otto M. •

Frage an Rainer Schmeltzer von Otto M. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Schmelzer,

ich beschäftige mich zur Zeit mit dem Wahlprogramm Ihrer Partei.

Ihre Ambitionen halte ich für sehr löblich, jedoch sind im Gesamtkontext zur Aussage unseres derzeitigen Ministerpräsidenten und des Finanzministers einige Dinge dabei auffallend unschlüssig.

Ihre Partei verspricht mittels des Wahlprogramms
- schrittweise(!!) gebührenfreie Kindergartenplätze
- gebührenfreie Schulbildung
- gebührenfreie Hochschulbildung (Abschaffung der Studiengebühren!)
- einen (teuren!) Umbau des Schulsystems
- einen (einige Jahre laufenden!) kommunalen Entschuldungsfonds bzw. "Stärkungspakt Stadtfinanzen".

Die Herren Ministerpräsident und Finanzminister sprachen in Ihren Reden jüngst von zukünftig noch härteren Einschnitten, um die Entschuldung des Landes NRW neu zu beginnen und die Landesfinanzen in der kommenden Legislaturperiode auf eine solide Grundlage zu stellen. Hierzu müssten unter Anderem ca. 12.000 Stellen im öffentlichen Dienst eingespart werden.
Dies steht im krassen Gegensatz zu den programmatischen Aussagen der SPD, und das in Wahlkampfzeiten!
Ich frage mich, ob diese Herren "unintelligent" sind, oder ob Sie uns einfach gerade nur die Wahrheit sagen!? Oder vielleicht Beides??

Bitte sehen Sie es mir nach, wenn ich Ihnen kritisch folgende Fragen stelle:
- hat Ihre Partei den erforderlichen Finanzbedarf allein für die oben angegebenen Maßnahmen bereits ermittelt?
- Liegen Ihnen hierzu belastbare Zahlen über die voraussichtlichen Kosten dieser Maßnahmen vor?
- Woher stammen diese Zahlen?
- Wie wollen Sie die genannten Maßnahmen finanzieren? Durch "neue" Schulden? Durch massive Einsparungen an welchen Stellen im Landeshaushalt?

Für die Beantwortung danke ich Ihnen vorab!

Mit freundlichen Grüßen

Otto Müller

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Müller,

Sie sprechen ein sehr komplexes Themenfeld an, das bei der SPD gerade in den zurückliegenden Jahren immer wieder Schwerpunkt unserer Haushaltsplanberatungen war. Die CDU/FDP sprach auch zum Wahlkampfjahr 2005 davon, die Entschuldung als einen ihrer Schwerpunkte zu setzen. Trotz der wirtschaftlichen guten Zeiten bis 2008, trotz 7,5 Mrd. Euro Steuermehreinnahmen ist die Neuverschuldung im Land NRW unter Herrn Rüttgers um rd. 24 Mrd. Euro gestiegen.

Das Kindergartenplätze nur schrittweise gebührenfrei gestellt werden können hat natürlich mit der derzeitigen Haushaltssituation zu tun. Es wäre unlauter zu behaupten, dass wir nach der Regierungsübernahme alles sofort gebührenfrei stellen. Die erste Stufe (2010) sieht die Beitragsfreistellung für das letzte Kindergartenjahr, die letzte Stufe (2014) die Beitragsfreistellung für alle Kinder ab einem Jahr vor.

Die Abschaffung der Studiengebühren ist zunächst kostenlos. Allerdings haben wir uns vorgenommen, den Hochschulen die Mindereinnahmen nach Abschaffung der Studiengebühren in gleichem Umfang zu ersetzen. Wir wollen, dass diese Mittel für die Verbesserung der Qualität der Lehre eingesetzt werden. Der Umfang dieser Mittel richtet sich nach der Zahl der Studierenden - derzeit etwa 280 Mio. Euro.

Was soll beim notwendigen Umbau des Schulsystems teuer sein? Die Gebäude sind vorhanden, die Lehrer sind (wenn auch nach wie vor nicht ausreichend) vorhanden. Ein Schulsystemwechsel wird, analog der Einführung der Gesamtschule, Schritt für Schritt vollzogen werden müssen. Das beinhaltet natürlich auch die zukünftige, entsprechende Lehrerausbildung. Wichtig ist, das wir nicht wie die Union immer von "Stellen" reden, sondern das tatsächliche Lehrer vorhanden sind. Stellen geben keinen Unterricht - sondern real existierende Lehrer!

Die gewaltige Finanz- und Wirtschaftskrise hat es notwendig gemacht, dass den Banken u.a. durch eine sog. "Bad-Bank" geholfen werden musste. Diejenige, die für diesen Zustand der Krise verantwortlich sind, wollen wir durch eine moderate Börsenumsatzsteuer auf den Handel mit Wertpapieren an der Beseitigung der finanziellen Folgen dieser Krise beteiligen. Gleichzeitig setzen wir uns dafür ein, dass die Länder - und damit auch NRW - einen festen Anteil am Aufkommen aus dieser neuen Steuerart erhalten.

Für uns Sozialdemokraten gilt: Starke Schultern müssen mehr tragen als schwache. Deshalb setzen wir uns für eine Vermögenssteuer ein. Unabhängig davon soll ein zweiprozentiger Aufschlag auf den Steuersatz für Spitzenverdiener zweckgebunden den gleichen Zugang zu Bildungschancen für Alle ermöglichen.
Wir werden uns dem verantwortungslosen Steuersenken des Bundes zu Lasten von Ländern und Kommunen mit aller Macht entgegen stellen. Sinnlose Steuersenkungen sind Beraubungen der Bürger, weil sie auf die Kürzung von Leistungen hinauslaufen, auf die diese angewiesen sind. Neben diesen im Berliner Koalitionsvertrag avisierten Steuersenkungen, der Senkung des MWST-Satzes für Hotels (rd. 1,1 Mrd. Euro!) sei darauf hingewiesen, dass die Herren Rüttgers und Pinkwart als stv. Vorsitzende ihrer Parteien verantwortlich diese Inhalte mit verhandelt und zugestimmt haben. Sie haben somit wissentlich enorme Belastungen für das Land NRW in Kauf genommen, die nicht geschultert werden können.

Mit einem "Stärkungspakt Stadtfinanzen", den wir bereits im November 2008 in den Landtag eingebracht haben, können wir den Städten und Gemeinden zumindest soweit helfen, dass sie mit Hilfe der NRW-Bank und des Landes für einen Zeitraum von ca. 5 Jahren von Zins- und Tilgungslasten befreit werden können. Immer mehr - auch Unionsvertreter - bezeichnen dies als einen richtigen und wichtigen Schrittt zur Hilfe der Kommunen.

In der nun endenden Legislaturperiode hat die SPD-LTF in den Haushaltsberatungen seit dem Jahr 2006 einen anderen politischen Schwerpunkt gewählt als die amtierende Landesregierung. Dabei haben wir Wert darauf gelegt, dass unser Schwerpunkt - Bildung, Innovation, Jugend und Familie - solide aus den vorhandenen Haushaltsmitteln durch Umschichtungen und Schwerpunktsetzungen finanziert wird. Das dies realisierbar und ohne neue Schulden möglich ist, haben wir in den Hauhaltsberatungen der vergangenen Jahre stets bewiesen. Darüber hinaus haben wir die Einnahmesituation des Landes stets realistisch etatisiert. Unsere Haushaltsansätze, z.B. bei den zu erwartenden Steuereinnahmen, waren realistisch. Im Gegensatz dazu hat der Finanzminister die zu erwartenden Einnahmen regelmäßig niedriger angesetzt als beispielsweise die Steuerschätzungen vorhergesagt haben.

Ich hoffe, Ihnen in Kürze - das Thema würde Aufsatzvolumen benötigen - entsprechend Ihrer Fragen geantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüssen

Rainer Schmeltzer MdL

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