Frage an Rainer Brüderle von Harald M. bezüglich Wirtschaft
Seher geehrte Herr Brüderle,
ich habe gerade Ihre Rede im Bundestag zum Konjunkturpaket II gesehen und habe zwei Fragen an Sie:
1. Welchen Ansatz der Sozialen Marktwirtschaft vertreten Sie?
2. Aus Ihrer Rede ist mir nicht klar geworden, was die FDP in der derzeitigen Situation machen würde.
Mit freundlichen grüßen
Harald Meyer
Sehr geehrter Herr Meyer,
vielen Dank für Ihre Fragen zur Wirtschaftspolitik. Das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft basiert auf der Erkenntnis, daß der Markt mit freier Preisbildung am besten geeignet ist, die vielfältigen Bedürfnisse der Menschen zu koordinieren. Marktwirtschaft setzt auf Freiwilligkeit und Wahlfreiheit. Sie ist die Voraussetzung für neue innovative, kreative und einzigartige Leistungen. Nur der Wettbewerb zwischen Menschen und Unternehmen bringt preisgünstige und bestmögliche Produkte und Dienstleistungen hervor – und schafft Arbeitsplätze. Deshalb muß der Wettbewerb durch den Staat geschützt werden. Fairer Wettbewerb funktioniert nur dann, wenn der Staat klare Spielregeln setzt und Marktmacht verhindert. Die Soziale Marktwirtschaft verknüpft den Marktmechanismus mit einem sozialen Ausgleich. Der Staat soll durch Sozialpolitik unerwünschte Marktergebnisse ausgleichen und durch ein leistungsfähiges Bildungssystem jeden Menschen überhaupt erst in die Lage versetzen, am Wettbewerb teilnehmen zu können.
In der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise gibt es keine Alternative zur Stabilisierung der Finanzmärkte. Durch Versagen in der Finanzmarktregulierung und eine lockere amerikanische Geldpolitik haben auch die Staaten zum Entstehen der Krise beigetragen. Dieses ordnungspolitische Fehlverhalten muß jetzt auch wieder durch staatliche Maßnahmen korrigiert werden. Unsere Geldwirtschaft funktioniert nur, wenn die Marktteilnehmer Vertrauen in das System haben. Dieses Vertrauen muß zügig wiederhergestellt werden. Da wir derzeit vom Export keine Impulse für unsere Wirtschaft erwarten können, muß die Binnennachfrage gestärkt werden. Die dümpelt schon seit nahezu einem Jahrzehnt vor sich hin.
Wer die private Nachfrage dauerhaft anregen will, darf sich aber nicht auf Einmalzahlungen an bestimmte Verbrauchergruppen beschränken. Statt auf aktionistische Ausgabenprogramme zu setzen, müßte die Bundesregierung die Bürger durch deutliche Steuer- und Abgabensenkungen entlasten. Vor allem der sogenannte Mittelstandsbauch bei der Einkommensteuer muß abgeschmolzen werden. Dann können die Bürger frei entscheiden, wofür sie das zusätzliche Geld ausgeben. Die aktionistischen Ausgabenprogramme, die die Bundesregierung beschlossen hat, bringen keinen entscheidenden Impuls für die Konjunktur.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Brüderle