Frage an Rainer Brüderle von Beate R. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Brüderle,
die negative Einkommenssteuer hat sich als Fluch für die Arbeitnehmer erwiesen. Seit diese in den USA eingeführt wurde sind die Reallöhne nicht mehr gestiegen. Warum verfolgt die FDP ein dermaßen sozialpolitisch falsches Konzept?
mfg
Beate Richter
Sehr geehrte Frau Richter,
vielen Dank für Ihre Frage zur negativen Einkommensteuer, die ich Ihnen gern beantworte. Da Sie sich offenbar bereits mit dem amerikanischen System der negativen Einkommensteuer befaßt haben, wissen Sie sicher, daß sich das Modell der USA von dem unterscheidet, das die FDP mit dem Bürgergeld anstrebt. Gemeinsam ist beiden Modellen, daß derjenige, der arbeitet, mehr Geld zur Verfügung haben soll als der, der nicht arbeitet. Das liberale Bürgergeld will Menschen bei Bedürftigkeit unterstützten, gleichzeitig aber die Leistungsbereitschaft und Eigeninitiative fördern. Durch die Zusammenfassung und Pauschalierung von steuerfinanzierten Sozialleistungen und ihrer Verwaltung in einer Behörde werden die Bedürftigen und nicht die Findigen vom Bürgergeld profitieren. Das Finanzamt übernimmt die Berechnung und Auszahlung des Bürgergeldes. Über eine neue Freibetragsregelung und in Verbindung mit unserem Steuerkonzept wird sichergestellt, daß sich die Aufnahme einer Arbeit lohnt. Das Nettoeinkommen ist bei Aufnahme einer Beschäftigung immer höher als der alleinige Transferbezug. So sorgt das Bürgergeld für ein Mindesteinkommen. Die von Ihnen angesprochene Entwicklung der Reallöhne hängt hingegen nicht unwesentlich von der Preisentwicklung ab. Einen unmittelbaren, ursächlichen oder gar ausschließlichen Zusammenhang zwischen dem Konzept einer negativen Einkommensteuer und stagnierenden Reallöhnen gibt es nicht. Im übrigen ist das Reallohnniveau in den USA seit der Einführung der negativen Einkommensteuer insgesamt gestiegen, zwischen 1995 und 2004 sogar um 19,6 Prozent. In den meisten europäischen Ländern, nicht zuletzt auch in Deutschland, blieb die Reallohnentwicklung deutlich dahinter zurück.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Brüderle