Frage an Rainer Brüderle von Ralf S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Brüderle,
mit Interesse habe ich die Sendung "Anne Will" am 11.11. verfolgt, insbesondere auch Ihre Ausführungen zum Thema "steuerfreie Aufwandspauschale".
In diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbar für mich war Ihre Aussage, daß ein Veränderung des Prozesses hohe Verwaltungskosten nach sich ziehen wird.
Nach meiner Meinung muss das aber gar nicht sein!
Grundsätzlich würde doch die Möglichkeit bestehen, die Pauschale (in welcher Höhe auch immer - das ist jetzt hier nicht die Frage) von steuerfrei auf steuerpflichtig umgestellt wird.
Es würde dann den Abgeordneten obliegen hier - wie jedem anderen steuerpflichtigen Bürger, den Nachweis gegenüber dem Finanzamt im Rahmen der persönlichen Steuererklärung selbst zu führen. Werden entsprechende Ausgaben getätigt und nachgewiesen, so führt dies in der Steuererklärung zu Werbungskosten, die die tatsächlichen Ausgaben dann "steuerfrei" stellen würden - aber auch nur diese.
Auf diese Weise wäre das "Problem" auf einfache Weise zu lösen, ohne Mehraufwand in der Verwaltung des Bundestages.
Was halten Sie denn von diesem "einfachen" und doch effektiven Vorschlag?
Es grüsst Sie
Ralf Schneider
Betr.: Ihre Fragen vom 12. November 2007 und vom 20. Mai 2008
Sehr geehrter Herr Schneider,
vielen Dank für Ihre Frage zur steuerfreien Pauschale für Bundestagsabgeordnete, die ich Ihnen gern beantworte.
Die monatliche Kostenpauschale soll die mandatsbedingten Kosten abdecken. Dazu gehören vor allem die Unterhaltung von Wahlkreisbüros und die Wahlkreisbetreuung, die Mehraufwendungen am Sitz des Bundestages und Fahrtkosten für Reisen in Ausübung des Bundestagsmandats. Solche Kosten müssen auch sonst nicht aus dem der Lebensführung dienenden beruflichen Einkommen bestritten werden. Es handelt sich hierbei um eine Aufwandsentschädigung, die entstandenen Kosten sollen erstattet werden -- vergleichbar beispielsweise einer Dienstreise eines Angestellten, deren Kosten in der Regel vom Arbeitgeber voll erstattet werden. Das ist nicht zu verwechseln mit den Werbungskosten, die jeder Bürger von seiner Steuererklärung kennt.
Ihr Vorschlag, die Aufwandspauschale generell steuerpflichtig zu machen und nach entsprechender Abrechnung mit dem Finanzamt im Rahmen der Steuererklärung von der Steuer zu befreien, trägt dem Charakter einer Aufwandsentschädigung gerade nicht Rechnung. Es geht eben nicht darum, daß die Aufwendungen nicht der Steuer unterliegen sollen. Sondern sie sollen vollständig ersetzt werden. Alles andere wäre keine Aufwandsentschädigung. Um es anschaulicher zu machen: Bezogen auf die Dienstreise des Angestellten würde Ihr Vorschlag bedeuten, daß der Arbeitgeber die Kosten nicht erstattet, sondern der Angestellte sie vollständig allein bezahlt, sie aber in seiner Steuererklärung geltend macht und damit auf diesen Einkommensbestandteil keine Steuern zahlen muß.
Allenfalls ließe sich darüber diskutieren, die Aufwandsentschädigung nachträglich (oder über ein Abschlagssystem) nach Einzelabrechnung von der Bundestagsverwaltung an die Abgeordneten auszahlen zu lassen.
Die Erstattung dieser Kosten durch eine Pauschale hat aber den Vorteil, daß nicht jede mandatsbedingte Ausgabe jedes Abgeordneten einzeln nachgewiesen und von der Bundestagsverwaltung überprüft werden muß. Bei genereller Einzelabrechnung dieser Kosten müßte ein zusätzliches großes Referat in der Bundestagsverwaltung die Belege einzeln auf ihre Richtigkeit prüfen. Das würde für alle Abgeordneten mehr Bürokratie bedeuten, vor allem aber für die Steuerzahler sehr viel teurer werden. Da viele Abgeordnete schon jetzt mit der Pauschale nicht auskommen und deshalb einzeln abrechnen, dürfte die Pauschale nicht zu hoch angesetzt sein, sondern sich am tatsächlichen Aufwand orientieren, wie es das Abgeordnetengesetz verlangt. Bei einer generellen Einzelabrechnung wäre der gesamte Erstattungsbetrag also nur wenig niedriger, die Verwaltungskosten würden aber stark ansteigen. Für den Steuerzahler ist die derzeitige Lösung damit kostengünstiger.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Brüderle MdB