Frage an Rainer Brüderle von Monika F. bezüglich Umwelt
Guten Tag!
Herr Brüderle, nehmen wir einmal an, ich würde darüber nachdenken bei dieser Wahl aus taktischen Gründen erstmals die FDP zu wählen.
Ich engagiere mich seit ewiger Zeit im Tier,- Umwelt- und Naturschutz.
Versuchen Sie mich doch einmal mit Ihren Konzepten für ein grünes und doch wirtschaftlich starkes Land zu überzeugen und warum ich möglicherweise doch auch als engagierte Umweltschützerin die FDP = die Wirtschaftspartei wählen könnte?
Bin gespannt auf Ihre Antwort, möglicherweise können Sie mich ja als Wechselwählerin gewinnen.
Freundlicher Gruß
Monika Frank
Sehr geehrte Frau Frank,
vielen Dank für Ihre Frage zum Tier-, Umwelt- und Naturschutz.
Ich möchte Ihnen gerne einige Punkte nennen, für die wir Liberale eintreten.
- Wir Liberalen setzen uns auf Grundlage jeweils aktueller Forschungsergebnisse für eine weltweit durchgreifende Minderung der Emission von für das Klima nachteiligen Gasen ein, im Rahmen eines für alle Staaten verbindlichen neuen Klimaschutz-Abkommens. Aus unserer Sicht muss es zu einer kurzfristigen Absenkung der CO2-Emissionen in allen Industriestaaten und einer langfristigen Angleichung dieser Emissionen pro Kopf kommen. Verpflichtungen sollen sich dabei an Emissionen und Wirtschaftskraft ausrichten, nicht an einem überkommenen Status als Industrie- oder Entwicklungsland. In der Zwischenzeit setzen wir uns für eine zügige Ratifizierung der zweiten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls ein.
- Wir legen beim Klimaschutz ein hohes Gewicht auf den Emissionshandel. Er gewährleistet eine wirksame Emissionsbegrenzung zu den geringsten wirtschaftlichen Kosten. Eine Ersetzung des EU-Emissionshandels durch eine CO2-Steuer lehnen wir entschieden ab. Wir Liberalen wollen den EU-Emissionshandel auf den gesamten Verkehrs- und Wärmesektor ausweiten. Ansatzpunkt soll dort die oberste Handelsebene von Brennstoffen sein. Steuern, die ihre ökologische Lenkungswirkung verlieren, können im Gegenzug gesenkt oder abgeschafft werden. Wir fordern intensivere Verhandlungen, um den EU-Emissionshandel mit bestehenden und geplanten Handelssystemen zum Beispiel in Nordamerika, Korea und Australien zu vernetzen.
- Noch ein knappes Jahrzehnt werden Kernkraftwerke in Deutschland betrieben werden. Die Sicherheit der verbliebenen Reaktoren muss auch weiterhin auf höchstem Niveau sichergestellt bleiben. Stillgelegte Kernkraftwerke sind möglichst zügig zurückzubauen, um die Fachkenntnisse der vorhandenen Belegschaft zu nutzen. Die Kernforschung und entsprechende Hochschulausbildung müssen in Deutschland erhalten bleiben. Für den Rückbau der deutschen Kernkraftwerke müssen Fachwissen und Fachpersonal langfristig zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sollte Deutschland zu einem sicheren Betrieb von Kernkraftwerken weltweit beitragen, insbesondere in unseren Nachbarländern.
- Insgesamt muss das Naturschutzrecht entrümpelt werden, ohne dass dabei der Schutz der Natur zu kurz kommt. Die Bundesländer sollen die Möglichkeit erhalten, das sogenannte Ersatzgeld anderen Instrumenten der Kompensation gleichzustellen. Dabei wird zum Ausgleich eines Eingriffes zweckgebunden Geld gezahlt, das in bedeutende Maßnahmen des Naturschutzes im gleichen Naturraum investiert wird. Dies ist oft effektiver als ein Flickenteppich von Einzelmaßnahmen.
- Frei fließende Flüsse und Flussabschnitte haben einen hohen ökologischen Wert. Nicht nur zum Hochwasserschutz muss den Gewässern mehr Raum gegeben werden. An Bundeswasserstraßen soll die Zusammenarbeit von Bund und Ländern zur Verbesserung von Schiffbarkeit, Hochwasserschutz und gerade auch Naturschutzbelangen endlich verbessert werden. Auch bei Wasserkraftanlagen müssen die Belange des Hochwasserschutzes genauso wie der Natur- und Tierschutz Beachtung finden. Einen Bau von Staustufen in Elbe und Donau lehnen wir weiter ab.
- Für uns Liberale hat der Tierschutz seit Jahren eine zentrale Bedeutung. Freie Demokraten orientieren sich dabei an den fünf Freiheiten: Freisein von Hunger und Durst; Freisein von Unbehagen; Freisein von Schmerz, Verletzung, Krankheit; Freisein zum Ausleben artgerechter Verhaltensweisen; Freisein von Angst und Leiden. Im Mittelpunkt unserer weiteren Bemühungen stehen die Grundsätze nachhaltigen Wirtschaftens, die Vermeidung ökonomischer Fehlanreize, eine artgerechte Tierhaltung und -ernährung sowie deren effektive Kontrolle. Außerdem unterstützen wir die Verringerung der Anzahl von Tierversuchen durch den verstärkten Einsatz alternativer Methoden. Da erfolgreicher Tierschutz nur auf europäischer Ebene verwirklicht werden kann, fordern wir eine engagiertere Politik der EU in diesem Bereich.
- Der Schutz der biologischen Vielfalt ist eine Querschnittsaufgabe, die in allen Politikfeldern Berücksichtigung finden muss. Wir werden das Bundesprogramm Biologische Vielfalt, das in unserer Regierungszeit aufgelegt wurde, weiter ausbauen. Beim Anbau von Energiepflanzen ist darauf zu achten, dass auf landwirtschaftlichen Nutzflächen nicht überwiegend für Natur und Umwelt schädliche Monokulturen entstehen. Wir gestalten Naturschutz mit den Menschen. Naturnutzer wie Segler, Wanderer, Kletterer oder Mountainbiker dürfen bei Fragen des Naturschutzes nicht als Gegner, sondern sollen als Gesprächspartner auf Augenhöhe betrachtet werden. Daher setzen wir verstärkt auf freiwillige Maßnahmen und den Vertragsnaturschutz, erst nachrangig auf hoheitliche Schutzgebietsverordnungen und Verbote. Zerschnittene Biotopverbünde sollen wieder zusammengeführt werden, wie wir es in der Bundesregierung mit dem Bundesprogramm Wiedervernetzung begonnen haben.
- Der Schutz der biologischen Vielfalt weltweit hat das Ziel, das genetische Reproduktionspotenzial für kommende Generationen zu erhalten. Um die tropischen Wälder zu schützen, unterstützen wir Modelle zur Honorierung vermiedener zulässiger Abholzung, Maßnahmen gegen illegalen Holzeinschlag, die gezielte Armutsbekämpfung in den betroffenen Regionen sowie die Zertifizierung von Holz. Zum Schutz der Meeresflora und -fauna muss ein globales System von Meeresschutzgebieten geschaffen werden. Insbesondere die afrikanischen Staaten sollen in die Lage versetzt werden, das illegale Fischen in ihren Wirtschaftszonen wirksamer zu unterbinden.
Wir brauchen eine nachhaltige Fischerei, die die Bestände erhält, artgerecht ist und den Tierschutz sichert. Die Grundschleppnetz-Fischerei ist zu beschränken. In jedem Fall ist die Industriefischerei durch die Ausweisung von Vorrang- und Ausschlussgebieten einzudämmen. Da das Grundnahrungsmittel Fisch durch die Überfischung der Meere gefährdet ist, sollen zudem Rahmenbedingungen für die nachhaltige Aquakultur weiter verbessert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Brüderle