Frage an Rainer Brüderle von Joachim B. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Brüderle,
Die SPD versucht mit dem Thema „Soziale Gerechtigkeit“ bei der Bundestagswahl Wählerstimme zu generieren. Warum entkräftet die FDP diesen, doch sehr unglaubwürdige und populistische, Wahlslogan nicht sofort? Wenn das das Thema ist, müsste die SPD doch zunächst die Politikerversorgung und Beamtenpensionen an das Rentenniveau der arbeitenden Bevölkerung anpassen.
Die Pensionen und Doppelversorgung von Politikern und Staatsbeamten stehen im grassen Gegensatz zu dem, was der normale Bürger und auch Besserverdiener an Rente zu erwarten hat. Zunächst sollte die SPD dafür eintreten, dieses Missverhältnis zu ändern, selbst für die Eigenversorgung zu bezahlen und an das allgemeine Rentenniveau anpassen. Nur so funktioniert Glaubwürdigkeit im Hinblick auf soziale Gerechtigkeit.
Warum thematisieren Sie dies nicht und gehen diese Selbstversorgung an, für die niemand in der Bevölkerung Verständnis hat? Es geht doch um soziale Gerechtigkeit und unsere Steuergelder.
Empfindet die FDP diese Selbstversorgung, das Niveau der Pensionen, Übergangsgelder etc. sozial gerecht?
Mit freundlichen Grüßen
J. Bisch
Sehr geehrter Herr Bisch,
vielen Dank für Ihre Frage bezüglich der Politikerversorgung.
Die FDP hält schon seit Jahren einen grundsätzlichen Systemwechsel bei der Abgeordnetenversorgung für überfällig. Wir wollen, dass eine unabhängige Kommission über die Diäten und Altersversorgung von Abgeordneten entscheidet. Nur so kann der Vorwurf der Selbstbedienungsmentalität dauerhaft ausgeräumt werden.
Das FDP-Modell sieht im Einzelnen Folgendes vor:
Die Kommission soll jährlich die Diätenhöhe verbindlich festsetzen. Die Abgeordnetenentschädigung soll die Unabhängigkeit der Ausübung des Mandats sichern. Dies ist die zwingende Konsequenz aus Art. 38 GG, der Wesen und Auftrag des Mandats bestimmt und den Abgeordneten von Weisungen und Aufträgen freistellt. An diesen Vorgaben muss sich die Kommission orientieren.
Auch bei der Altersversorgung für Abgeordnete ist ein Systemwechsel überfällig. Die Kommission soll auch hierzu Vorschläge erarbeiten. 1977 wurde die eigenständige beitragsgebundene Altersversicherung für Abgeordnete aufgegeben und ein beamtenrechtlicher Pensionsanspruch eingeführt. Nach dem Grundgesetz und den Landesverfassungen sind Abgeordnete jedoch weder Beamte noch Angestellte. Sie sollten deshalb in Zukunft weder die beamtenähnlichen Pensionen erhalten noch in die Rentenkasse einzahlen. Die Abgeordnetenentschädigung soll die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Abgeordneten während des Mandats sichern und nicht im Alter.
Die FDP fordert daher, dass die derzeitige beamtenähnliche Versorgung gestoppt wird. An einer grundlegenden Reform der Altersversorgung für Abgeordnete führt kein Weg vorbei. Wir fordern eine größere Eigenverantwortung der Abgeordneten für ihre eigene Altersversorgung und eine Abkehr vom beamtenrechtlichen Pensionsanspruch. Es ist ganz allein Sache des Abgeordneten, Vorsorge für den Fall der Arbeitsunfähigkeit und des Alters zu treffen. In allen anderen freien Berufen ist das üblich. Bei den berufsständischen Versorgungswerken gibt es keinerlei Handlungsbedarf, da diese Alterssicherungssysteme sehr effizient sind und ohne jegliche Unterstützung auskommen.
Eines steht jedenfalls außer Frage: Von einer Koppelung an die Beamtengehälter hat die FDP nie etwas gehalten und sie deshalb immer abgelehnt. Abgeordnete haben ein freies Mandat und sind gerade keine Beamten.
Wir halten den Systemwechsel weiterhin für den richtigen Weg. Wir werden auch in Zukunft für eine strukturelle Reform der Abgeordnetenentschädigung werben.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Brüderle