Frage an Rainer Brüderle von Müller F. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Brüderle,
auf Grund Ihrer kürzlichen Äußerungen zum Thema "Ankauf von Steuer-CD´s" möchte ich Ihnen folgende Fragen stellen:
Frage 1.)
Ihren Äußerungen nach handelt es sich bei den beschafften Steuer-Cd`s um eine Art von "Hehlertum" welches der Staat unterlasse sollte. Ihrer Aussage kann dem Grundsatz nach auch gefolgt werden. Bei näherer Betrachtung stellt sich hierbei jedoch folgende Frage:
Sollte der Staat es auch in Bezug auf andere Straftaten unterlassen Informanten und V-Leute für evtl. in ähnlicher Art beschafften Informationen zu entlohnen ?
Frage 2.)
Das in seiner bisherigen Form im Bundesrat gescheiterte Steuerabkommen mit der Schweiz hätte auch im Falle der späteren Entdeckung des Steuerhinterziehers, im Falle des durch schweizer Banken vorgenommenen Steuerabzugs, eine vollständige Strafbefreiung bewirkt.
Ist es aus Ihrer Sicht mit den rechtsaatlichen Grundsätzen vereinbar, den gegenüber Straftätern bestehenden Strafanspruch durch anonyme finanzielle Zahlungen zu "veräußern" ?
Frage 3.)
Steuerhinterzeiher genießen unter allen Straftätern auf Grund der Selbstanzeigemöglichkeit eine Sonderstellung. Das unter 2.) angeführte Steuerabkommen hätte diese Sonderstellung durch absolute Anonymisierung weiter ausgebaut.
Besteht aus Ihrer Sicht ein Rechtfertigungsgrund dafür, bestimmte Straftäter besser oder schlechter zu stellen als andere mit vergleichbaren Straftaten (Betrug, etc.) ?
Für die Beantwortung der Fragen und die Ihre diesbezügliche Bemühungen bedanke ich mich.
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Frage.
Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Sie muss verfolgt und entsprechend bestraft werden. Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP hat im Mai 2011 die Regeln der Selbstanzeige übrigens bereits verschärft.
Auch wenn der Erwerb von Steuer-CDs grundsätzlich rechtlich zulässig ist, bleibt diese Praxis aus meiner Sicht fragwürdig und mit einem faden Beigeschmack behaftet. Schließlich sind die Daten von Steuersündern durch Rechtsbrüche zugänglich gemacht worden. Deutsche Behörden sollten aber nicht zu Rechtsbrüchen im Ausland animieren. Darüber hinaus sollte das Problem grundsätzlich angegangen werden. Spektakuläre Einzelfälle tragen dazu allerdings wenig bei.
Das Steuerabkommen, das wir mit der Schweiz verhandelt haben, wäre dagegen ein ernsthaftes Instrument gewesen, um das Problem grundsätzlich in den Griff zu bekommen. Dadurch hätten wir ein geordnetes Verfahren, das Steuerhinterziehung entgegenwirkt. Und es würde rückwirkend auf zehn Jahre eine Nachbesteuerung von bis zu 41 Prozent aller dieser Fälle anfallen - mit Steuereinnahmen in Höhe von etwa zehn Milliarden Euro. Die Blockade des Abkommens durch SPD, Grüne und Linke im Bundesrat ist daher sehr schädlich. Im Übrigen verjähren durch eine fortgesetzte Blockade immer mehr Fälle, die dann nicht mehr von der Justiz verfolgt werden können.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Brüderle