Portrait von Rainer Brüderle
Rainer Brüderle
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Rainer Brüderle zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Thomas de B. •

Frage an Rainer Brüderle von Thomas de B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Brüderle,

laut einem Artikel der FAZ, die sich auf Quellen der Bundesagentur und des Institutes für Arbeitsmarkt und Berufsforschung beruft, ist ein Alter ab 50 Jahre ein großeres Hemmnis eine Arbeit zu finden als Nichtbeherrschung der deutschen Sprache oder eine Schwerbehinderung. Eine Aussage, die ich durch Erfahrungen in meinem Bekanntenkreis nur bestätigen kann.

Die Wirtschaft bietet über 50-jährigen nach einem Verlust des Arbeitsplatzes kaum eine Möglichkeit ohne Hartz-4 Bezug und damit auf Kosten der Allgemeinheit zu überleben - besteht aber auf ein Renteneintrittsalter ab 67 oder höher.

Vor dem Hintergrund, daß eine immer größere Anzahl der geburtenstarken Jahrgänge die Altersgrenze 50 überschreitet, ist eine Lösung der Alterdiskriminierung am Arbeitsmarkt ein nicht unbedeutendes politisches Thema.

Meine Frage an Sie ist:
Wie will Ihre Partei diesen Mißstand beheben und die Wirtschaft veranlassen, über 50-jährigen Arbeitsplätze zu bieten?

Mit freundlichen Grüßen
Thomas de Buhr

Portrait von Rainer Brüderle
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr de Buhr,

vielen Dank für Ihre Zuschrift und Ihre Frage zum Thema Altersdiskriminierung auf dem Arbeitsmarkt.

Die Erwerbstätigkeit Älterer hat deutlich zugenommen. In allen Altersgruppen - über 50, über 55, über 60 - gibt es weit mehr Erwerbstätigkeit als in den vergangenen Jahren.
Ende der 90er Jahre lag die Erwerbstätigenquote der 50- bis 64-Jährigen bei unter 50 Prozent, heute bei 66 Prozent. Auch bei den 60- bis 65-Jährigen sind heute 44 Prozent erwerbstätig (1991: 20 Prozent). In dieser Gruppe hat eine deutliche Mehrheit (27,5 Prozentpunkte) eine sozialversicherungspflichtige Stelle, der Rest (16,5 Prozentpunkte) ist anderweitig beschäftigt, als Mini-Jobber, Selbstständige oder Beamte.
Trotzdem beschäftigen immer noch fast 40 Prozent der Unternehmen in Deutschland keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über 50 Jahre. Ältere Beschäftigte verfügen über umfassendes Fach- und Erfahrungswissen und bringen besondere Qualifikationen mit. Dieses Potenzial müssen die Unternehmen stärker nutzen und durch begleitende Maßnahmen weiter ausbauen. Älteren Menschen werden hierdurch neue Beschäftigungsperspektiven ermöglicht.
Die FDP tritt für mehr Selbstbestimmung in der Rente ohne starre Altersgrenzen ein. SPD, CDU und CSU haben im Jahr 2006 die Anhebung des regulären Renteneintrittsalters auf 67 Jahre beschlossen, um die Lebensarbeitszeit zu verlängern. Als Begründung hierfür steht die demographische Entwicklung, die zur finanziellen Stabilität der Rentenversicherung eine längere Teilhabe am Erwerbsleben erfordert. Diese Annahme teilt die FDP grundsätzlich.
Dennoch sind wir der Auffassung, dass die Heraufsetzung der starren Altersgrenze für den Renteneintritt auf 67 Jahre den Bedürfnissen vieler älterer Menschen nicht gerecht wird. Diese Kritik haben wir bereits bei Einführung der Rente mit 67 geäußert und sie gilt nach wie vor. Denn nicht jeder Arbeitnehmer ist willens oder in der Lage, bis zum 67. Lebensjahr voll zu arbeiten. Andererseits gibt es den Wunsch vieler Älterer, länger beruflich aktiv zu bleiben. Deshalb wollen wir den Übergang vom Arbeitsleben in den Ruhestand flexibler gestalten.
Die Menschen sollen ab dem 60. Lebensjahr – bei versicherungsmathematisch korrekten Zu- und Abschlägen – den Zeitpunkt ihres Renteneintritts frei wählen können, sofern ihre Ansprüche aus privater, gesetzlicher und betrieblicher Vorsorge über dem Grundsicherungsniveau liegen. Gleichzeitig wollen wir Barrieren für Arbeit im Alter beseitigen und Zuverdienstgrenzen neben dem Rentenbezug komplett aufheben. Die Versicherten können so ab dem 60. Lebensjahr ihre Arbeitszeit reduzieren und den Verdienstausfall durch Bezug einer Teilrente kompensieren oder – wenn sie möchten – länger arbeiten. Das ermöglicht ihnen, den Lebensstandard auch bei einem vorzeitigen Rentenbezug zu halten und trotzdem dem Arbeitsmarkt in vollem Umfang zur Verfügung stehen. Somit profitieren auch Gesellschaft und Unternehmen stärker vom Know-how älterer Mitarbeiter.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Brüderle