Frage an Rainer Brüderle von Georg Z. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Bruederle,
auf diesem Wege moechte ich Sie zu Ihrer persoenlichen Haltung und zu der Haltung der Freien Demokraten bezueglich der Konsequenzen aus dem Mord an einer Mitarbeiterin des Jobcenters in Neuss befragen.
Welche Massnahmen muessen aus Ihrer Sicht getroffen werden, damit die Mitarbeiter der Bundesagentur fuer Arbeit und der Jobcenter nicht weiter Zielscheibe der Attaken der Kunden sind? Nach neusten Erhebungen werden 75% der Mitarbeiter der Arbeitsagentur und der Jobcenter taeglich verbal von Kunden attakiert, viele wurden sogar bereits massiv koeperlich bedroht. Der Gipfel dieser Entwicklung war der grundlose Mord an einer Mitarbeiterin des Jobcenters in Neuss, fuer den es keinerlei Rechtfertigung gibt. Nach diesem Toetungsdelikt haben am Tag des Mordes noch mehrere hunderte Kunden im Internet und durch meist anonyme Schreiben an die Bundesagentur fuer Arbeit und an die Jobcenter weitere Morde und gewaltsame Uebergriffe gegen Mitarbeiter der oben genannten Behoerden angekuendigt. Dies zeigt eindeutig, dass dieses Ereignis sich wiederholen kann.
Wie ist aus Ihrer Sicht diese Entwicklung zu stoppen? Wie koennen die Mitarbeiter der Bundesagentur fuer Arbeit und der Jobcenter geschuetzt werden oder muessen sich die Angestellten dieser Behoerden daran gewoehnen, taeglich verbal oder eben sogar koerperlich bedroht zu werden? Muessen wir mit weiteren Morden rechnen? Waere es fuer die Debatte nicht hilfreich, wenn die besondere Leistung der Mitarbeiter der Bundesagentur fuer Arbeit und der Jobcenter auch von der Politik mehr oeffentlich gewuerdigt wuerde?
In diesem Zusammenhang muss erwaehnt werden, dass die Bundesagentur fuer Arbeit bis 2015 circa 1700 Stellen abbauen soll. Sind diese Plaene nicht kontraproduktiv fuer eine optimale Betreuung der Kunden? Kann sich die FDP fuer einen Stopp dieses Vorhabens einsetzen?
Ich danke Ihnen schon im Voraus fuer Ihre Antwort.
Mit freundlichen Gruessen,
Georg Zull
Sehr geehrter Herr Zull,
vielen Dank für Ihre Frage.
Der von Ihnen angesprochene Mord an einer Mitarbeiterin des Jobcenters in Neuss ist eine schreckliche Tragödie, die durch nichts zu rechtfertigen ist. Gleichzeitig darf ein solcher Vorfall nicht dazu führen, dass bedürftige Menschen verunglimpft werden. Erst kürzlich hat eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach gezeigt, dass Vorurteile gegenüber ALG II-Empfängern in der Bevölkerung weit verbreitet sind. Ebenso hält sich hartnäckig das Vorurteil der schlechten Betreuung durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter. Dabei kam die Kundenbefragung der Bundesagentur für Arbeit im Sommer dieses Jahres zu dem Ergebnis, dass das Vertrauen der ALG II-Empfänger in die Arbeit der Jobcenter stetig wächst. Auch wenn häufig noch eine mangelhafte Kommunikation kritisiert wird, sind die Kunden überwiegend mit der Freundlichkeit und Unterstützung durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter zufrieden. Auch verständlichere und schlankere Gesetze sind hilfreich für das Miteinander in den Jobcentern. Mit der Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente ist die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP dabei im letzten Jahr einen guten Schritt voran gekommen.
Die Erfolgsbilanz der einzelnen Jobcenter macht immer wieder deutlich, dass zwischen Vermittler und Kunden eine Vertrauensbasis bestehen muss. Denn im Zweifelsfall weiß der Vermittler vor Ort in Absprache mit Arbeitsuchenden besser Bescheid als alle anderen. Dies gilt allerdings nur, wenn an seine Leistung hohe Maßstäbe angelegt werden. Dazu muss nicht nur das Aus- und Fortbildungssystem der Bundesagentur für Arbeit fortlaufend verbessert und weiterentwickelt werden; die Vermittlung muss auch personalpolitischen Vorrang haben. Je besser die Betreuungsquote, desto höher ist der Vermittlungserfolg. Dieses Ziel wird durch den geplanten Personalabbau auch nicht gefährdet. Zum einen fällt fast die Hälfte der Arbeitsplätze nicht weg, sondern wandert zu den neu gebildeten Optionskommunen, welche die Betreuung von Langzeitarbeitslosen übernommen haben. Zum anderen ist die Arbeitslosigkeit so niedrig wie seit 20 Jahren nicht mehr. Dies sollte sich auch in der Personalausstattung widerspiegeln.
Die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt verdanken wir nicht zuletzt auch der guten Arbeit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Jobcentern. Deren Arbeit respektiert und würdigt die FDP-Bundestagsfraktion ganz ausdrücklich.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Brüderle