Frage an Rainer Brüderle von Hans-Günter G. bezüglich Soziale Sicherung
ehr geehrter Herr Brüderle,
können Sie mir bitte die Diskrepanz erklären, die sich aus Ihrer Aussage "Mein Herz war immer bei den Kleineren, deshalb bin ich auch bei der FDP" (Deutschlandfunk vom 18.11.2011) ergibt?
Ist Ihre Behauptung nicht ein Widerspruch, als Mitglied in der FDP für den "kleinen Mann" zu sein?
Zugegeben, die FDP wird immer kleiner, was gut ist, doch Ihre Aussage sollte ja den Menschen suggerieren, dass Sie für die "Kleinen", sprich die "Schwachen" wären.
Wenn dem so ist, was aus Ihren bisherigen, politischen Entscheidungen nicht zu ersehen ist, könnten Sie mir dann folgende Fragen beantworten?
1.) Sind Sie und Ihre Partei für einen flächendeckenden Mindestlohn?
2.) Werden Sie mit Ja stimmen, wenn eine Reichensteuer zur Abstimmung steht?
3.) Ist eine gerechte Erbschaftssteuer auf große Privatvermögen für Sie und Ihre Partei denkbar?
4.) Werden Sie und Ihre Partei eine Investitionssteuer, wie von SPD, Grüne, der Linkspartei und den Gewerkschaften gefordert, einführen?
Sollten Sie auch nur zwei der vier Fragen mit einem bedingungslosen Ja beantworten, würde ich mir den Wechsel zu Ihrer Partei ernsthaft überlegen – ist das ein Angebot?
Mit freundlichen Grüßen vom Pfälzer zu Rheinhessen
Hans-Günter Glaser
Sehr geehrter Herr Glaser,
vielen Dank für Ihre Frage. Einen flächendeckenden Mindestlohn, der Arbeitsplätze gefährdet lehne ich ab. Denn der Verlust von Arbeitsplätzen ist unsozial.
Statt dessen setzt die FDP-Bundestagsfraktion auf Wachstum sowie die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen. Den Erfolg dieser Politik können Sie an den positiven Rekordzahlen am Arbeitsmarkt ablesen. Noch nie waren so viele Menschen in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen wie heute. Die Arbeitslosenquote sinkt konstant, seitdem die FDP an der Regierung beteiligt ist.
Steuererhöhungsorgien, wie sie SPD, Grüne und Linke regelmäßig fordern, schaffen dagegen weder Arbeitsplätze, noch tragen Sie zur Konsolidierung des Haushaltes bei, noch sind sie gerecht. Das lehrt nicht zuletzt der Blick in die Geschichte. Deshalb erwarte ich auch, dass die SPD die von der Koalition aus CDU/CSU und FDP beschlossene Entlastung bei kleinen und mittleren Einkommen nicht blockiert und so Politik auf dem Rücken der "kleinen Leute" betreibt.
Übrigens hat die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer in ihrer Amtszeit zwischen 1998 und 2005 keinen flächendeckenden Mindestlohn eingeführt. Statt dessen wurden der Arbeits- und die Finanzmärkte dereguliert, der Spitzensteuersatz gesenkt und der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt aufgeweicht, was ein wesentlicher Faktor für die aktuelle Staatsschuldenkrise ist. Daher ist die Oppositions-Rhetorik von Rot/Grün auch unglaubwürdig.
Das tatsächliche Politikkonzept von SPD und Grünen können Sie übrigens seit Kurzem in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg beobachten: mehr Schulden machen und die Verwaltung aufblähen. Das ist für die FDP-Bundestagsfraktion kein gangbarer Weg.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Brüderle