Frage an Rainer Brüderle von claudia M. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Brüderle,
bitte beantworten Sie mir folgende Frage:
wie passt es bitteschön zusammen, dass einerseits regenerative Energien ausgebaut und die Wärmedämmung gefördert werden soll, andererseits aber das Marktanreizprogramm für erneuerbare Energien, die Klimaschutzinitiative und das Förderprogramm zur Steigerung der Energieeffizienz in der Landwirtschaft und im Gartenbau gestoppt wurden? Auch das CO2-Gebäudesanierungsprogramm soll in Zuklunft weniger gefördert werden.
Ich habe den Eindruck, dass die im Energiekonzept formulierten Ziele nicht mit dem Handeln ihrer Regierung übereinstimmen. Vielmehr drängt sich mir die Vermutung auf, als wäre das Energiekonzept der Versuch, die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke möglichst hübsch zu verpacken und Kritiker mundtot zu machen. Die Umsetzung der formulierten Ziele wird hingegen jedoch nicht angestrebt, abgesehen von dem Ziel der Laufzeitverlängerung.
Sehr geehrte Frau Mannherz,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Was den von Ihnen angesprochen Stopp des so genannten Marktanreizprogramms (MAP) angeht, so wurde dieser bereits im Juli wieder aufgehoben und die Mittel in voller Höhe von 115 Millionen Euro freigegeben.
Nachdem sich die Einnahmen aus dem Emissionszertifikatehandel, aus denen sich das MAP speist, aufgrund der Wirtschaftskrise rückläufig entwickelt haben, konnten im Interesse der Haushaltskonsolidierung kurzzeitig keine neuen Anträge auf Förderung bewilligt werden. Andernfalls wäre die Neuverschuldung des Bundes noch weiter gestiegen, was niemand will. Es musste zuerst eine andere Finanzierung für das MAP gefunden werden.
Die Verantwortung für den kurzfristigen Förderstopp trägt der frühere SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel. Denn es war seine Entscheidung, die Ausgaben des Marktanreizprogramms an die Versteigerungserlöse des Emissionszertifikatehandels zu koppeln.
Die KfW-Darlehens- und Zuschussprogramme für energetische Sanierungsmaßnahmen im Gebäudebereich waren Teil des Konjunkturpaketes der großen Koalition. Das Programm wird nunmehr wieder zurückgeführt. Entgegen manchen Bestrebungen, das Programm völlig einzustellen, bleibt es aber erhalten.
So werden allein für das CO2-Gebäudesanierungsprogramm im Rahmen des Sondervermögens "Energie- und Klimafonds" 500 Millionen Euro Programmmittel neu und damit insgesamt rund eine Milliarde Euro durch den Bund 2011 zur Verfügung gestellt.
Die FDP-Bundestagsfraktion unterstützt die breit angelegte Modernisierungsoffensive für Gebäude. Der aufzustellende langfristige Sanierungsfahrplan wird für bestehende Gebäude 2020 beginnen und stufenweise bis 2050 zum Ziel einer Minderung des Primärenergiebedarfs um 80 Prozent führen. Mittlerweile werden 40 Prozent aller neu gebauten Wohnungen KfW-gefördert und unterschreiten somit bereits jetzt die energetischen Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV). Wir wollen zudem die Vorteile der energetischen Sanierung des Wohnungsbestandes im Mietrecht stärker in den Mittelpunkt stellen und die Chancen für eine sozial ausgewogene und zukunftsfähige Mietrechtsreform nutzen.
Ihrer Auffassung nach beinhaltet das Energiekonzept als einziges Ziel die Laufzeitverlängerungen. Zum ersten Mal seit über 20 Jahren wird wieder ein technologieoffenes und marktorientiertes Energiekonzept vorgelegt, das alle energiewirtschaftlich relevanten Bereiche umfasst. Die energiepolitischen Ziele des Energiekonzepts sind u.a.: ein hohes Maß an Versorgungssicherheit, ein wirksamer Klima- und Umweltschutz sowie eine wirtschaftlich tragfähige Energieversorgung, damit Deutschland langfristig ein wettbewerbsfähiger Industriestandort bleibt und so Arbeitsplätze gesichert werden.
Das beschlossene Konzept soll den Weg in das Zeitalter der erneuerbaren Energien bis 2050 beschreiben und auch wirtschaftlich absichern. Bis 2050 soll der Ausstoß von klimaschädlichen Gasen um 80 bis 95 Prozent reduziert werden. 80 Prozent des Energiebedarfs in Deutschland soll im selben Zeitraum aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. So ehrgeizig war keine Vorgängerregierung.
Der Umbau unserer Energieversorgung ist in dieser Strategie nur ein Baustein, um diese Ziele zu erreichen. Von ebenso zentraler Bedeutung ist die im Energiekonzept vorgesehene Verbesserung der Energieeffizienz insbesondere im Bereich der Gebäude, die 40 Prozent des gesamten Endenergiebedarfs stellen. Die Kernenergie unterstützt einen realistischen Zeitplan für den Übergang in das regenerative Zeitalter (Brückenfunktion), stellt durch die Abschöpfung von Gewinnen durch die Laufzeitverlängerung erhebliche Finanzmittel bereit und wirkt stabilisierend auf den Strompreis. Zusätzlich wird der Neubaubedarf von Kohle- und Gaskraftwerken reduziert. Dadurch können die ambitionierten CO2-Senkungsziele schneller und kostengünstiger erreicht erden. Außerdem wird der Bund zur Erforschung innovative Technologien bei der Erzeugung, Speicherung, Verteilung und Nutzung von Energie zusätzliche Mittel im Rahmen des Energiekonzepts bereit stellen: Im Jahr 2011 wird die Bundesregierung zusätzlich 500 Millionen Euro, die ab 2013 auf über 2,5 Milliarden Euro aufwachsen können, für erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Speichertechnologien, Forschung in diesen Bereichen, nationalen Klimaschutz sowie weitere Handlungsfelder des Energiekonzepts einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Brüderle