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Frage von Gerhard R. •

Frage an Rainer Brüderle von Gerhard R. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Minister,

mit großem Unmut, habe ich Ihre Äußerung zur Kenntnis genommen, dass Stuttgart 21 gebaut werden müsse, weil die Parlamente dieses ja so beschlossen hätten.

Wenn allerdings - wie diverse Medien (u.a. STERN), die sich auf interne und geheimgehaltene Bahnpapiere berufen, berichten - die Entscheidung der Politiker überhaupt nicht fundiert begründet sein konnte, weil wichtige (z.B. geologische und verkehrsplanerische) Daten vermutlich vorsätzlich verschwiegen wurden, müssen diese Politiker auch die Größe haben, eigene Entscheidungen neu zu bewerten und diese zu revidieren. In meinen Augen haben sie sogar die Pflicht dazu.
Wer zahlt eigentlich, wenn die geologischen Gegebenheiten im Stuttgarter Untergrund dazu führen, dass sich die gesamte Gegend um den Bahnhof in Folge der Baumaßnahmen aus dem Boden heben? Ich verweise hierzu auf die Probleme des Städtchens Staufen im Breisgau, dass einer vergleichbar lächerlichen 12-cm Bohrung zu verdanken hat, dass im historischen Stadtkern sich die Häuser um ca. 20 cm pro Jahr (!!!) anheben.

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Rückl
Wendelstein

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Rückl,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu Stuttgart 21.

Eine der Lehren von Stuttgart ist, dass man die Notwendigkeit von Großprojekten erklären und die Bürger mitnehmen muss. Stuttgart 21 ist ein großes Projekt, das offensichtlich noch nicht ausreichend kommuniziert wurde. Manche Bürger fühlen sich und ihre Sorgen anscheinend nicht ernst genug genommen. Aber der Widerstand hat auch einen tieferen Grund.

Entscheidungen fallen zum Teil losgelöst von der Lebenswirklichkeit der Bürger, werden immer komplizierter. Verantwortung lässt sich nicht mehr klar zuordnen. Das überfordert viele Menschen. Demokratie bedeutet Teilhabe. Man kann sich natürlich auch Volksentscheide zu Infrastrukturprojekten vorstellen, aber nicht, wenn die Planfeststellungsverfahren abgeschlossen sind. Der Grundsatzbeschluss wird vorher gefällt. Das ist die Reihenfolge.

Im baden-württembergischen Landtag ist 150 Mal, im Rat der Stadt Stuttgart über 200 Mal seit Mitte der 90er-Jahre über diese Maßnahme strittig diskutiert worden. In der Öffentlichkeit selbstverständlich auch. Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens sind 60 Alternativen geprüft worden. Es gibt kaum ein Infrastrukturprojekt, das in den dafür zuständigen Gremien und weit darüber hinaus größere Beachtung gefunden hat. Das gehört zur politischen Verantwortung.

Am Ende eines solchen Prozesses sind aber auch Entscheidungen nötig - in einem offenen, korrekten Verfahren und wenn Entscheidungen getroffen sind, muss man sie auch umsetzen. Sonst wird unser parlamentarisches System beschädigt.

Es darf nicht passieren, dass große Infrastrukturprojekte in Deutschland undurchsetzbar werden. Deswegen muss Stuttgart 21 auch gebaut werden. Ich schließe nicht aus, dass am Ende des Dialogprozesses eine veränderte Planung stehen wird. Aber die Modernisierung unserer Infrastruktur ist dringend notwendig.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Brüderle