Wie ist Ihre Position zu ME/CFS und was werden Sie konkret unternehmen, um die sehr schlechte Versorgungslage zu Myalgischer Enzephalomyelitis (ME/CFS) zu verbessern?
Am 19.01.2023 findet im Bundestag eine für viele Betroffene und Angehörige enorm wichtige Debatte zu der körperlichen und schwerwiegenden Erkrankung ME/CFS statt. ME/CFS (G93.3) ist eine in Deutschland seit Jahrzehnten vergessene Erkrankung, obwohl sie häufig ist und stellt eine humanitäre Katastrophe in Deutschland dar. Dies muss nun dringend und schnell beendet werden. Das Leid durch die Erkrankung und das im Stich lassen durch den Staat der vielen Betroffenen ist enorm! Nach aktuellem internationalen wissenschaftlichen Forschungsstand ist ME/CFS eine schwere, komplexe, häufige, chronische neuroimmunologische Multisystemerkrankung. Wie ist Ihre Position zu ME/CFS und was werden Sie und Ihre Partei konkret unternehmen, um die katastrophale Situation und bisher nicht vorhandener Versorgung, kaum stattfindender Forschung und fehlender Anerkennung in Deutschland deutlich zu verbessern?
Sehr geehrter Herr W.,
Long Covid und ME/CFS sind ein ernsthaftes Problem für eine wachsende Zahl von Menschen, deren Leben durch diese wenig erforschte und kaum anerkannte Krankheit aus der Bahn geworfen wird. Ich bin mir dieser Problematik nicht nur aufgrund meiner Arbeit in der Forschungspolitik bewusst, sondern auch weil ich im Austausch mit Betroffenen, deren Selbsthilfegruppen sowie Medizinern und Ärztinnen stehe. Dem von der Unionsfraktion vorgelegten Antrag werde ich zusammen mit meiner Fraktion zustimmen, da er viele gute Forderungen enthält, die meine Fraktion seit Langem vorträgt. Ich begrüße sehr, dass die Union jetzt in der Opposition ihr Herz für die Long Covid-Betroffenen entdeckt, nachdem sie sich in 16 Jahren an der Regierung leider weniger sensibel für das Thema gezeigt hat, übrigens auch als die CDU mit Herrn Gröhe und Herrn Spahn den Bundesgesundheitsminister stellte. Vielleicht trägt jetzt der gemeinsame Druck aus der Opposition zusammen mit den Aktionen von Betroffenen und ihren Angehörigen aber dazu bei, dass zumindest die derzeitige Regierungsmehrheit zu einem zupackenderen Vorgehen bei der Erforschung der Krankheit, ihrer Behandlung und der Hilfe für die Betroffenen gelangt. In diesem Sinne habe ich mich heute Vormittag an der Aktion der NichtGenesen-Kampagne vor dem Reichstagsgebäude beteiligt. Auch in meiner Rede zum Haushalt 2023 habe ich Anfang September 2022 für mehr Mittel für die Forschung in diesem Bereich geworben.
Meine Fraktion hat bereits im Frühsommer 2021 gefordert, zusätzlich Kapazitäten zur Behandlung von Long Covid und ME/CFS in Form von Reha-Kliniken und fachübergreifenden Ambulanzen bereitzustellen, die Fortbildung von Ärztinnen und Ärzten zu diesem Krankheitsbild sicherzustellen, eine zentrale Beratungs- und Koordinierungsstelle für die Belange von Long Covid und ME/CFS-Betroffenen einzurichten und ein Programm zur bundeseinheitlichen Erfassung, Dokumentation und Erforschung der Krankheiten aufzulegen. Diese Forderungen haben wir in unserem Antrag mit der Drucksache 19/29270 zusammengefasst.
Im Sommer 2022 haben wir die Einrichtung eines Pandemie-Fonds angeregt, aus dem die diesbezüglichen Aufwände von Gesundheitseinrichtungen und Hilfsorganisationen sowie Hilfen für Long Covid-Betroffene finanziert werden könnten. Und wir haben ausreichende Mittel zur Stärkung der Gesundheitswissenschaften und deren Forschung zu Langzeit- und Folgesymptomen einer Covid 19-Erkrankung sowie Therapieansätzen zur Behandlung von Long Covid gefordert (Drucksache 20/2581).
In diesem Sinne werden wir weiter wirken und uns für die Erforschung und die Anerkennung der Krankheit sowie für unbürokratische und effektive Hilfe für die Betroffenen einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Petra Sitte