Frage an Petra Sitte von Brit P. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Dr. Sitte,
meine Frage zielt auf eine Handhabung örtlicher Behörden betreffs einer bundeseinheitlichen Gesetzgebung: Hartz IV. Nach Aussage der betreffenden Behörde hat diese das Recht, dem Betreuten die Miete für eine neue Wohnung zu zahlen, obwohl die Behörde weiß, daß die gesetzliche Kündigungsfrist nicht eingehalten wurde und das alte Mietverhältnis somit nicht ordnungsgemäß endete. Das ist Zivilrecht, die Behörde hat nur die Angemessenheit der neuen Wohnung zu prüfen. Der alte Vermieter kann sich ja zivilrechtlich gegen den Hilfsbedürftigen zur Wehr setzen. Ist diese Handhabung so vom Gesetzgeber beschlossen worden? Wenn nein, wieso darf diese Behörde dann so handeln. Letztendlich wird damit bewußt ein zu Betreuender in die Schuldenfalle gejagt. Herzlichen Dank im voraus für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüssen Brit Purmann
Sehr geehrte Frau Purmann,
leider sind aus Ihrer Anfrage nicht alle Umstände des konkreten Einzelfalles zu entnehmen. In welchem Verhältnis Sie zu dem Betreuten stehen, ob Sie beispielsweise als Vermieterin betroffen sind oder wer die Wohnung aus welchem Grund gekündigt hat. Insofern kann ich leider nur eine pauschale Antwort geben.
An dem konkreten Einzelfall ist aber erkennbar, wie schlecht das SGB II als Rechtsgrundlage für die Betreuung langzeitarbeitsloser Bürgerinnen und Bürger gemacht ist. Es ist korrekt, dass in dem Gesetz nur die Verpflichtung geregelt ist, daß der Leistungsbezieher "vor Abschluss eines Vertrages über eine Unterkunft ... die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlichen zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen" einzuholen hat.(§ 22 (2)SGB II) Alle näheren Umstände sind in den Richtlinien zu den Kosten der Unterkunft der entsprechenden Träger geregelt. Diese Richtlinien sind in der Regel aber nicht so einfach zu bekommen.
Da die Konzentration der Behörden aber ausschließlich darauf gerichtet ist, Kosten zu sparen, werden die konkreten Lebensumstände des Leistungsbeziehers in der Regel nicht ausreichend berücksichtigt. Es kann dabei durchaus passieren, dass durch eine unzureichende Begleitung und Hilfestellung hinsichtlich der wohnungsmäßigen Situation eines Bürgers oder einer Bürgerin diese in noch größere Schwierigkeiten gerät und damit dann oftmals allein gelassen wird. Es ist ein großes psychologisches Geschick gefragt bei der Betreuung und Beratung insbesondere von Bürgern, die unter einem Betreuungsvertrag stehen, aber gerade bei Unterkunftsfragen gegenüber allen Leistungsempfängern. Die Kommunen, die die Träger der Kosten für die Unterkunft sind, haben nur begrenzte Mittel zur Verfügung und geben diesen finanziellen Druck ungebremst an die Leistungsbezieher weiter. Die einzelnen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Leistungszentren sind objektiv manchmal nicht in der Lage, von internen Handlungsanweisungen abzuweichen. Der Leidtragende ist dabei immer der Leistungsempfänger und indirekt auch derjenige, mit dem dieser Leistungsempfänger Verträge eingegangen ist, die dann nicht mehr erfüllt werden können.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Petra Sitte