Frage an Petra Sitte von Daniel S. bezüglich Haushalt
Sehr geehrte Frau Sitte,
für gerade mal 460 Millionen Euro, nach aktueller Schätzung, soll ein Neubau das Kanzleramt vergrössern. https://www.n-tv.de/politik/Das-Kanzleramt-wird-massiv-vergroessert-article20812383.html
460 Millionen Euro für 400 Büros, die offensichtlich in Betonbauweise errichtet werden!?
Werden Steuergelder auch für architektonische Meisterwerke der 20er Jahre ausgegeben, vergleichbar dieser hochherschaftlichen Villa https://uebermedien.de/28530/mein-freund-seine-exzellenz/, die für lange Zeit von den Amerikanischen Botschaftern als Botschaft genutzt wurde? https://www.tagesspiegel.de/berlin/sterne-und-streifen/621760.html
Wurde versucht, diese Villa zu kaufen und dem Staat als Denkmal zu sichern?
Ist in Zukunft geplant für diese Denkmäler der Geschichte und längst vergangener Zeiten, ausgestattet mit Zimmern für Bedienstete und Repräsentationsräumen, mehr Staatsgeld zu verwenden?
Gibt es einen festen Posten dafür im Bundeshaushalt?
Mit freundlichen Grüßen
S.
Sehr geehrter Herr Spannbauer,
die Erweiterung des Bundeskanzleramtes soll einer aktuellen Prognose des Bundesinnenministeriums zufolge sogar noch teurer werden als bislang befürchtet. Auf 601 Millionen Euro schätzt man die zu erwartenden Kosten nun, und wir wissen aus Erfahrung, dass anfängliche Schätzungen zu Baukosten meist unter den tatsächlichen Ausgaben liegen. Damit wird der Anbau des Kanzleramtes auf den Quadratmeter berechnet noch teurer als der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses. Beide Bauten und ihre Kosten sprechen aus meiner Sicht für eine erhebliche Abgehobenheit und Entfremdung von den Wünschen und der Lebensrealität der meisten Menschen in unserem Land.
Von einem „nüchternen, auf Funktionalität ausgerichteten Zweckbau“, wie uns von der Regierung angekündigt wurde, kann angesichts der Pläne und Kosten keine Rede mehr sein. Auch der Bundesrechnungshof kritisiert einiges an den geplanten Einzelheiten des Baus wie einem fünfstöckigen Wintergarten, der dem Abhörschutz dienen soll, welcher aber billiger und einfacher sicherzustellen wäre. Und auch wenn ich Angebote zur Kinderbetreuung begrüße, weil sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern, finde ich den Bau einer Kindertagesstätte für voraussichtlich zwölf bis fünfzehn Kinder der Beschäftigten des Kanzleramtes für voraussichtlich 2,8 Millionen Euro unverhältnismäßig und kaum zu vermitteln. Regierung und Koalition zeigen ein gehöriges Maß an Selbstverliebtheit und Verantwortungslosigkeit, indem sie den Menschen im Lande predigen, den Gürtel immer enger zu schnallen, und auf der anderen Seite so zügellos mit öffentlichem Geld umgehen.
Was Ihre weitere Frage angeht, so kann ich nur darauf verweisen, dass sich die Liegenschaften der US-Botschaft einschließlich der Residenz des Botschafters in Berlin im Besitz der Vereinigten Staaten befinden und von deutscher Seite derzeit weder ein Interesse noch die Möglichkeit besteht, sie zu erwerben. Grundsätzlich fällt die Sorge um architektonische und andere Denkmäler auf Bundesebene in den Zuständigkeitsbereich der Staatsministerin für Kultur und Medien, die über eigene Haushaltsmittel verfügt.
Als LINKE Fraktion setzen wir uns dafür ein, die Regierungsausgaben für rein repräsentative Zwecke gering zu halten und den Erhalt des kulturellen Erbes zu fördern. Ich hoffe, damit vertreten wir auch Ihr Interesse.
Meine herzlichen Grüße,
Dr. Petra Sitte MdB