Frage an Petra Sitte von Maria W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dr. Sitte,
der US-Botschafter Grenell https://www.spiegel.de/spiegel/us-botschaft-richard-grenell-ist-ein-ungewoehnlicher-diplomat-a-1208783.html avisierte Jens Spahn als aufstrebenden Konservativen, treuen Amerika-Freund und möglichen künftigen Kanzler. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/jens-spahn-berliner-diplomaten-spotten-ueber-us-reise-a-1231756.html
Kann man mehr Vorschusslorbeeren für seine berufliche Laufbahn erhalten, ich denke, ihn verbindet eine besondere Freundschaft zu Amerika und dessen Vertreter?
Diesen Vorschusslorbeeren gilt es gerecht zu werden. Ein guter Nachweis der Fähigkeit, die man als Kanzler sicher braucht, ist die Fähigkeit Menschen für seine Ideen zu gewinnen.
In einem anspruchsvoll formuliertem Schreiben steht, "Es geht um eine kluge Abwägung. Ich wünsche mir, dass wir dabei den Mut finden, den großen Schritt zu wagen" https://www.spiegel.de/politik/organspende-jens-spahn-wirbt-bei-abgeordneten-fuer-widerspruchsloesung-a-14f7753b-d580-4ef5-b869-f34ed1ac874e . ".. dabei den Mut finden, den großen Schritt zu wagen.." erläutert Rainer Hank unter http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/organspende-mein-koerper-ist-kein-ersatzteillager-kommentar-15755803.html :
"..Wer die Verhaltensökonomie dazu benutzt, im Interesse eines Gemeinwohls (mehr Organspender!) menschliche Freiheitsentscheidungen zu ignorieren, entlarvt sich als technokratischer Paternalist. Der Übergang vom Respekt vor der Sakralität des Körpers zu seiner Verzweckung als Ersatzteillager im Interesse der Lebensrettung anderer bleibt eine Ungeheuerlichkeit – aller politischen Moralisierung zum Trotz."
Einerseits möglicher zukünftiger Kanzler, andererseits technokratischer Paternalist, glauben Sie, dass die Abgeordneten Ihm folgen werden und die Abstimmung zur Widerspruchslösung in seinem Sinn entscheiden und sie (die Abstimmung) sozusagen zur Doktorarbeit seiner politischen Karriere machen werden?
Für eine ehrliche Antwort vielen Dank.
mfg
W.
Sehr geehrte Frau W.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Der doppelten Widerspruchslösung bei der Organspende, über die wir als Bundestagsabgeordnete gestern im Plenum abgestimmt haben, liegt die Überzeugung zu Grunde, dass die Organspende zuvörderst aus der Sicht der Betroffenen zu denken ist. Denn diese schwerkranken Menschen und ihre Angehörigen sind es, die nicht nur sprichwörtlich dem Tod auf der Warteliste entgehen sehen, sollte sich nicht ein geeignetes Spendeorgan transplantieren lassen.
In der laufenden Debatte sprach ich mich dafür aus, dass alle mündigen Bürgerinnen und Bürger ihre Zustimmung oder auch ihren Widerspruch zu einer Organspende im Rahmen eines behördlich geregelten Verfahrens abgeben müssen. Ich bin der Überzeugung, dass man so dem Vorwurf Einhalt gebieten könnte, dass man in die Selbstbestimmungs- und Persönlichkeitsrechte von Spendern und Spenderinnen eingreift. Denn dies geschieht eben nicht, da es den Menschen frei steht nach einer erfolgten Aufklärung, eine sogenannte informierte Einwilligung oder eben den informierten Widerspruch zu geben.
Meine Überzeugungen habe ich vor der Abstimmung der Gesetzentwürfe hier im Gespräch mit einem Vertreter der Entscheidungslösung dargelegt: https://www.youtube.com/watch?v=tqQcNXZH1no .
Bitte haben Sie Verständnis, dass ich keine Aussagen zu den politischen Karriereabsichten von Gesundheitsminister Spahn treffen kann. Ich empfehle Ihnen sich zur Beantwortung dieser Fragen direkt an das Abgeordnetenbüro von Herr Spahn zu wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Petra Sitte