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Petra Sitte
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Frage von Simon B. •

Frage an Petra Sitte von Simon B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Sitte,

ich wohne seit ca. 2 1/2 Jahren zum Zweck des Studierens in Halle an der Saale.
Mein Vermieter, die HWG, sagte zum Einzug, es seien keine Sanierungen geplant. Nun, am 29.05.14 wurde mir, und weiteren 200 Haushalten eine (unzureichende) Sanierungsinformation zugesendet. Baubeginn soll schon der 01. August sein - es ist also Eile geboten. Wiedersprüche und Hausgemeinschaft wurden bereits angeregt. Im August und September muss! Ich meine Abschlussarbeit für das Studium in Politikwissenschaft schreiben - Arbeitsräume werden von der MLU zu diesem Zweck nicht explizit vorgehalten.

Es drohen enorm hohe Mieterhöhungen - fast 100% auf die Kaltmiete!!! - dies entspricht den gesetzlich erlaubten 11% Umlage. Dies bedeutet ein erwarteter m²-Preis von fast 9,50€, was sich keiner! der Mieter dort leisten kann. Die Haushalte werden fast ausschließlich von Geringverdienern, Studenten, Arbeitslosen, Auszubildenden und Familien mit geringem Einkommen bewohnt. Dazu sind die Wohnungen in "Passablem" Zustand und bedürfen nur einer geringen Sanierung - z.B. Fenster. Die HWG Plant völlig unnötige und stark überteuerte Sanierungsarbeiten, die keiner der Mieter haben möchte - zumindest nicht zu diesem Preis. Ein Nutzen für die Mieter entsteht nicht!, da die Heizkosteneinsparung (liegt derzeit nur bei ca. 30€ monatlich) nur ein Bruchteil der Mietsteigerung wäre.
Es drohen 200 Räumungen durch den Gerichtsvollzieher, daher bitte Ich Sie sich für uns, Ihre Wahlkreisbürger, einzusetzen.
Derzeit bin Ich im Büro Ihrer Kollegin Bettina Hagedorn ,MdB, Vorsitzende des Rechnungs- Prüfungsausschusses, im Paul-Löbe-Haus erreichbar.

Mit freundlichen Grüßen,
Simon Bennett

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Lieber Simon Bennett,

vielen Dank für Ihre Anfrage und dass Sie sich an uns gewendet haben. Im Moment können wir Ihnen, was die Mieterhöhungen angeht, Folgendes raten: Zuerst einmal sollten Sie nichts unterschreiben, was Ihnen von der HWG vorlegt wird. Zu den Einzelheiten der Mieterhöhung kann ich Ihnen empfehlen, sich Rat und Rechtsbeistand des Mieterbundes zu holen, in Widerspruch zu gehen und - ganz wichtig - Ihr Recht in Anspruch zu nehmen, sich alle Posten, die umgelegt werden sollen, einzeln aufschlüsseln und mit den jeweiligen Kosten untersetzen zu lassen. In Fällen, in denen der Vermieter dem nicht nachkommt, hat man zumindest die Möglichkeit für Widersprüche. Entscheidend ist dabei zum Beispiel die Frage, was genau Instandhaltungskosten und was Modernisierungskosten sein sollen. Allein das konsequente Nachfragen kann zu einem Hinauszögern der Erhöhungen führen, wenn entsprechende Nachweise nicht erbracht werden.

Dass Wohnungen saniert und modernisiert werden, ist dabei nicht generell zu beanstanden. Dies muss jedoch mit Augenmaß und sozial verträglich geschehen! Es ist zum Beispiel nicht einzusehen, dass die gesetzlich erlaubte Umlage voll ausgeschöpft werden soll. Wer keine "Entmietung" vornehmen will, kann so nicht agieren. Durchaus möglich und sozial verträglicher wäre es dagegen, wenn die entsprechende Umlage nicht voll ausgereizt und dadurch die Amortisierung der Kosten auf einen längeren Zeitraum ausgelegt werden würde. Genau das wäre die Aufgabe eines Wohnungsunternehmens, das Gentrifizierung und soziale Segregation verhindern will.

Für mich besonders ärgerlich ist, dass es unser kommunales Wohnungsunternehmen ist, welches eine solche Preispolitik betreibt, die allen Vorstellungen einer sozialer Mietpreisbindung zuwider läuft. Eine Ursache liegt darin, dass HWG und GWG jährlich 10 Mio. Euro an den städtischen Haushalt abführen muss. Unsere Stadtratsfraktion versucht bereits seit Jahren dieses Ausbluten der Wohnungsgesellschaften zu beenden. Leider gab es dafür bisher keine Mehrheit im Stadtrat. Die nächste Möglichkeit, dies zu ändern, ergibt sich zur Kommunalwahl am 25. Mai.
Der öffentliche Aufschrei der letzten Tage hat glücklicherweise dazu geführt, dass die HWG von ihren ursprünglichen Plänen wieder ein Stück abgerückt ist. Kämpfen lohnt sich also, nicht nur im Stadtrat, sondern auch in der Zivilgesellschaft.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Sitte

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