Denken Sie das Deutschlandticket ist ein Schritt in die richtige Richtung? Oder ist die geplante Umsetzung (eingeschränkter Vertrieb, Abo, Preis) so schlecht, dass es einen Rückschritt darstellt?
Sehr geehrte Frau Pau,
was halten Sie vom geplanten Deutschlandticket? Wie hätten Sie es umgesetzt?
Oder wären Sie direkt zum kostenlosen ÖPNV-"Fahrschein" übergegangen, womit man sich die ganze teure Programmiererei und Pflege der Fahrkartenapps, Datenbanken und Server (und auch vieler Automaten) sparen könnte?
Denken Sie, dass es das Deutschlandticket doch noch am Automaten und ohne Abo (ähnlich wie das 9-Euro-Ticket) geben wird? So wie es momentan geplant ist schließt es ja viele aus und schreckt noch mehr ab (Abofalle, Überwachung, ...).
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau L.,
Vielen Dank für Ihre Frage.
Das sogenannte Deutschlandticket / 49€-Ticket ist von zwei Seiten zu betrachten.
Zum einen begrüße ich die Vereinfachung und Vergünstigung des ÖPNV ausdrücklich. Ein erschwinglicher, gut vernetzter und dadurch attraktiver Nahverkehr ist eine grundlegende Bedingung dafür, dass für alle Bürgerinnen und Bürger die Chance auf Mobilität und damit Teilhabe am öffentlichen Leben besteht. Das 9€-Ticket hat gezeigt, wie viele Menschen ein solches Angebot wahrnehmen möchten, selbst wenn der Nahverkehr in Deutschland in Teilen erhebliche Mängel aufweist und dringend modernisieret und ausgebaut werden muss. Der Entwurf der Bundesregierung ist ein Schritt in die richtige Richtung, allerdings in keiner Weise ausreichend.
Meine Partei und ich setzen uns schon lange für die Einführung eines kostengünstigen bzw. kostenlosen ÖPNV in Deutschland ein. In Berlin haben wir unseren Beitrag dazu geleistet, dass das 29€-Ticket eingeführt wurde und für Bezieher*innen von Sozialleitungen das 9€-Ticket weitergeführt wird.
Den Preis von 49€ erachten wir für zu hoch. Ein attraktives und erschwingliches Ticket sollte nicht mehr als 1€ pro Tag kosten. Auch im Sinne des Klimaschutzes muss ein solches Ticket in der Lage sein, Menschen davon zu überzeugen, auf ihren PKW zu verzichten. Um dies zu leisten, muss es deutlich günstiger sein, zudem müssen Anbindungen und Verkehrsmittel attraktiver werden.
Auch im aktuellen Gesetzentwurf der Regierung ist geplant, das Ticket ausschließlich digital einzuführen. Ich halte dies für grundlegend falsch. Eine umfassende Digitalisierung ist zwar notwendig, allerdings offenbart sich hier eine Blindheit für die sozialen Tatsachen. Es wird verkannt, dass nicht alle Menschen dauerhaft Zugriff auf ein mobiles Endgerät besitzen. Diesen Personen wäre es somit nicht möglich, das Ticket effektiv zu nutzen. Ebenso bereitet es insbesondere für ältere Menschen eine Hürde. Es ist für mich schlicht nicht nachvollziehbar, weshalb es nicht ermöglicht wird, das Ticket am Schalter oder Automaten zu erwerben.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Pau