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Petra Pau
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Frage von Peter D. •

Frage an Petra Pau von Peter D. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Pau,

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort und Ihre entsprechenden Kommentare die ich als durchaus lesenswert betrachte.

Vollkommen stimme ich Ihnen zu, dass es sozialistische Elemente gab, diese haben sie z.T. angesprochen.
Aber es gab keine sozialistische Systemqualität.

Jedoch kann man, und darin werden Sie mir nach Ihren Äußerungen recht geben, auch nicht von einem Kapitalismus in der DDR sprechen.
Die Frage ist also um was für ein System es sich gehandelt hat. Freilich war es ein Versuch den Sozialismus aufzubauen und ich unterstelle hier vielen Akteuren, dass sie es ehrlih gemeint haben und versuchten ihr bestes zu geben.

Ganz interessant finde ich diesbezüglich die Analyse von Lion Wagner in seiner Broschüre "Sozialismus gab es nie!", ich weiß nicht ob Sie diese kennen, die ja aus der Sicht eines Anhängers des sozialismus geschrieben wurde.
Lion Wagner bezeichnet das System als Sozialdespotismus um u.a. auch die sozialen Komponenten die es gab zu betonen.

Ich gebe Ihnen auch recht bezüglich von Fehlentwicklungen die sie beschrieben haben.
Allerdings denke ich nicht, dass die Planwirtschaft an sich gescheitert ist, sondern das nicht die sozialistischen ökonomischen Gesetzte in Ihrer ganzen Qualität befolgt wurden.
Ein Problem erscheint mir z.B. die Frage der Anwendung der Bezahlung nach Leistung. So denke ich dass dies sehr wichtig ist und das auch entsprechend das Bewußtsein sich mitentwickelt hätte. Wie stehen sie zur Bezahlung nach Leistung?

In der Tat muss aber die Planwirtschaft in der Lage sein , es mit dem Kapitalismus aufzunhemen. Nach Marx müßte ja auch die Produktivkraft im Sozialismus deutlich höher sein als im Kapitalismus.

Mit freundlichen Grüßen
Peter Duncker

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Sehr geehrter Peter Duncker,

für den Literatur-Hinweis danke ich ihnen. Ich komme darauf zurück, sobald ich dafür Muße finde. An Wortschöpfungen oder Definitionen beteilige ich mich ungern, weil das nicht mein Metier ist. Gleichwohl sind sie berechtigt und vielleicht auch nötig, denn wenn der real- existierende Sozialismus weder Sozialismus, noch Kapitalismus war, was beschreibt ihn dann treffend?

Zur Planwirtschaft gebe ich Ihnen recht. Der Versuch, die wirtschaftlichen Ressourcen und die sozialen Bedürfnisse in Übereinstimmung zu bringen, ist an sich nicht falsch. Ich bin sogar überzeugt, dass dies weltweit nötiger denn je wird. Was übrigens gegen die freie Marktwirtschaft spricht. Es gibt übrigens ein Buch von Arno Peters und Konrad Zuse – „Computer-Sozialismus“ – in dem beide Autoren sich mit solchen Fragen unter neuen Bedingungen befassen.

Es wird übrigens eine Episode kolportiert. Demnach hatte Oskar Lafontaine in den 1980er Jahren mit führenden Gesellschaftswissenschaftlern der DDR ein Gespräch über Planwirtschaft. Oskar Lafontaine soll vorgerechnet haben: Wenn man weiß, wie viele Säuglinge geboren werden, dann kann man auch auf den Milch-Bedarf schließen. Daraus ergäbe sich, wie viele Kühe man braucht und was diese leisten müssten. Ergo lasse sich auch genau planen, wie viele Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche für die Futter-Produktion nötig seien, und so weiter. Der zuständige DDR-Ökonom soll ihm recht gegeben und gesagt haben: Die komplexe Planung der Wiesen haben wir bereits im Griff.

Zum Leistungsprinzip so viel: Es gehörte in den 1970er und 80er Jahren zu den in der DDR am meisten diskutierten Prinzipien. Eben weil die Bezahlung nach der Leistung nur rudimentär erfolgt war. Interessant ist allerdings, dass es im Kapitalismus ebenfalls höchst selten ist, dass nach der Leistung entlohnt wird. Anders gäbe es nicht solch außerirdischen Unterschiede zwischen den Bezügen von Ein- Euro- Jobern und den Gehältern so genannter Spitzen-Managern.

Ich danke Ihnen für den kleinen gesellschaftspolitischen Exkurs.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Pau

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