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Petra Pau
DIE LINKE
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Frage von Michael T. •

Frage an Petra Pau von Michael T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Frau Pau,

ich zitiere:
"Am Rande des Protests gegen den Gaza-Krieg blüht unverhohlen der Antisemitismus. Deutschland erlebt derzeit die vermutlich größten antijüdischen Manifestationen seit dem Zweiten Weltkrieg. Juden werden als Kindsmörder bezeichnet, Israel wird mit dem Dritten Reich gleichgesetzt."
http://www.ksta.de/html/artikel/1231945303164.shtml
Dies ist nur einer von vielen Texten. Auf den Videos bei Youtube kann man Sprechchöre hören wie Heil Hxxxxx, Juden ins xxx etc etc.
Es ist einfach unerträglich das mit zweierleimaß gemessen wird, wieso werden solche antisemitischen Aufmärsche nicht verboten, bzw. antisemiten die mit Hamas und Hisbollah Fahne bewaffnet sind ausgewiesen.
Neonazis werden vollkommen zurecht geächtet, Auflagen für Demonstrationen etc.
Wieso schweigen die Muslime zu den antisemitischen Aufmärschen bzw. der Zentralrat der Muslime.
Und wo bleiben die Pro Israelischen Demonstrationen für die einzige Demokratie im Nahen Osten bzw. die Demonstrationen gegen Antisemitismus.
Ich bin unglaublich empört und weiß gar nicht wie ich im Moment die richtigen Worte finde.
Ich fordere eine klare Stellungsnahme durch Sie, eine Stellungsnahme des Zentralrates der Muslime.
Eine Distanzierung von Teilen der Linkspartei die solche Demonstrationen mit unterstützt.
Ist Ihnen bewußt,dass durch arabische Einwanderung, antisemitismus und homophobie wieder hoffähig gemacht wird, in einem einst liberalen Deutschland/Europa.
Ich fordere mehr Anstrengungen gegen Antisemitismus gerade unter muslim. Migranten und die Solidarität mit Israel.

Beste Grüße

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Michael Töpper,

auf die Fragen, die mich betreffen, will ich gern antworten. Fragen, die zum Beispiel Muslimische Organisationen betreffen, richten Sie bitte an diese.

Auch ich beobachte mit Sorge, dass es Solidaritäts-Kundgebungen für Palästinenser gibt, bei denen es unverhohlen antisemitische Anfeindungen gibt. Das ist fatal. Es ist legitim, Kritik an der Politik Israels zu üben. Das tue ich auch. Aber es nicht akzeptabel, wenn diese in Antisemitismus umschlägt. Denn Antisemitismus ist keine politische Kritik. Antisemitismus ist eine menschenverachtende Ideologie.

Anders, als Sie schreiben, gab und gibt es hierzulande allerdings auch Solidaritäts-Kundgebungen für Israel. Eine fand am vergangenen Sonntag in Berlin statt. Für DIE LINKE sprach dort der Berliner Landesvorsitzende Klaus Lederer. Ich teile die politischen Botschaften seiner Rede. Sie können diese auf seiner persönlichen Web-Seite nachlesen. Ich empfehle das Original, weil seine Rede auch verkürzt und verfälscht verbreitet wird.

Mich treibt noch etwas ganz anderes um. Im Gaza-Krieg haben die Hardliner die Oberhand gewonnen, beiderseits. Dasselbe beobachte ich bei den jeweiligen Demonstrationen in der Bundesrepublik Deutschland, wieder beidseitig. Stimmen der Vernunft finden kaum noch Gehör, hie nicht und da nicht. Das ist eine schwere Hypothek für die Lösung des Nah-Ost-Konflikts. Und das belastet das Miteinander hierzulande.

Frauen der Fraktion DIE LINKE hatten gerade dieser Tage friedensbewegte Frauen aus dem Nahen Osten zu Gast, Jüdinnen und Palästinenserinnen. Es gab eine öffentliche Beratung und eine geschlossene. Eine geschlossene, weil wir befürchten mussten, dass es aufgeheizte Versuche gibt, sie zu stören. Eine öffentliche, weil wir hofften, die Medien nehmen davon positiv Notiz. Sie taten es unisono nicht. Konflikt schafft Schlagzeilen, Verständigung nicht.

In einer Frage widerspreche ich Ihnen allerdings ganz klar. Nämlich in Ihrer Unterstellung, dass arabische Migrantinnen und Migranten „Antisemitismus und Homophobie wieder hoffähig“ machen würden und das „in einem einst liberalen Deutschland/Europa“. Ich teile weder ihr Zerr-Bild über die Zugewanderten, noch ihren Schön-Blick auf Deutschland. Beide helfen ohnehin nicht weiter. Schon gar nicht im Nah-Ost-Konflikt. Und der ist schlimm genug.

Petra Pau
16. 01. 2009

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