Frage an Petra Pau von Nicole M. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehre Frau Pau,
ich frage mich, warum uns Schülern gewisse geschichtliche Fakten vorenthalten werden.
Wärend meiner Zeit auf einer Realschule wurde das Thema Weltkriege und DDR unzureichend behandelt.
Im grunde habe ich nur ein paar "Lektionen" gelernt:
Deutschland hat - salop gesagt - Schei*e gebaut und wird bis heute dafür belangt.
Wenn ich mich in meiner Altersgruppe so umsehe sehe ich lauter junge Menschen die entnervt über diese ewige Buse in Frusttaten Ausdruck suchen.
Warum müssen wir immernoch für die Taten unserer Vorfahren gerade stehen? Wann wird der ganze "Schämt-euch" Zirkus ein Ende haben? Wie steht Ihre Partei zu diesem Thema?
Den beispielsweise der Einsatz der Atombombe wird Amerkia auch nicht vorgehalten. (jedenfalls kaum merklich)
Ich danke für eine (hoffentlich erfolgende) Antwort
Sehr geehrte Nicole Mettin,
um es vorweg zu nehmen: Ich bin sehr für einen guten Geschichtsunterricht, bei dem weder Fakten, noch Zusammenhänge, noch historische Besonderheiten ausgeblendet werden, auch nicht die handelnden Personen und Umstände.
Wenn Sie allerdings bei alledem das Gefühl haben, es wird Schuld bei Ihnen abgeladen und erwartet, dass Sie zur Buße bereit sind, dann stimmt methodisch etwas grundsätzlich nicht.
Ich finde, man muss die Geschichte, allemal die des eigenen Landes kennen. Nur so wird man für die Gegenwart und für Künftiges fit. Wenn im Geschichtsunterricht beispielsweise das NS-Regime und der Holocaust behandelt wird, dann doch niemals, um Ihnen Scham einzureden.
Ihre Generation war nicht dabei, meine auch nicht, also können wir gar nicht schuldig geworden sein. Aber wir sind verantwortlich dafür, dass so etwas nie wieder geschieht.
Ein guter Geschichtsunterricht sollte Sie also nicht klein machen, sondern groß. Damit Sie in der Geschichte, die heute geschrieben wird, eine gute und kluge Rolle spielen können. Nicht für irgendeine Schulnote, sondern für ihr eigenes Leben, für unser Leben.
Vor kurzem war ich übrigens Zeugin einer höchst interessanten Geschichtsstunde. Ich war in Niedersachsen und besuchte dort die Wanderausstellung der Anne-Frank-Stiftung. Wer Anne Frank war und wie Sie ihr eigenes kurzes Leben beschrieb, das alles finden Sie ganz schnell im Internet. Es ist eine sehr bewegende Geschichte einer jungen Jüdin, möglicherweise Ihres Alters, auf der Flucht vor den Nazis.
Die Wanderausstellung wurde von Schulgruppen der 7. du 8. Klasse besucht. Sie trafen dort nicht etwa auf ehrwürdige Geschichtslehrer, sondern auf Abiturienten, also fast Gleichaltrige. Und sie diskutierten höchst lebendig miteinander, nicht nur über damals, sondern viel mehr über heute, über ihre eigenen Probleme und Fragen.
PS:
Die Atom-Bomben-Abwürfe der USA im August 1945, erst auf Hiroshima, dann auf Nagasaki, waren kalkulierter Massenmord in einem bis dato unbekanntem Ausmaß. Ich bin fast jedes Jahr an der Berliner Friedensglocke dabei, wenn daran erinnert wird. Und weil ich dafür bin, dass sich so etwas niemals wiederholen kann, deshalb trete ich noch immer für eine generelle atomare Abrüstung ein, weltweit, übrigens auch hierzulande. Das ist so eine Brücke aus einer Geschichte, die ich nicht selbst erlebt habe, in eine Gegenwart, für die ich mich zuständig fühle. Ich wünsche Ihnen viele solche Brücken.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Pau