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Petra Pau
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Frage von Andreas R. S. •

Frage an Petra Pau von Andreas R. S. bezüglich Staat und Verwaltung

Wie ist ihre Position zum Förderalismus? Ich halte ihn offen gestanden für hoffnungslos überholt und eine sinnlose Geldverzehr-Maschinerie, mit der wir einen Haufen Landespolitiker, die dazu gehörenden Beamten und Institutionen künstlich am Leben erhalten, obwohl das alles keiner benötigt, es alles in Deutschland verlangsamt, verteuert und der Demokratie auch nichts bringt... weswegen ich für die Abschaffung des Förderalismus bin. Denke ich zu kurz?

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Antwort von
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Sehr geehrter Andreas R. Schmidt,

ich teile ihre Meinung nicht, denn die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland war eine Antwort auf das zentralistische Regime der NS-Zeit. Es kann verhindern, dass eine Zentralregierung alles über alle entscheidet. Und es kann bewirken, dass Lösungen möglichst Orts- und Problem-nah gefunden werden. So weit der Positiv-Ansatz, den ich befürworte.

Nun ist Föderalismus aber nicht gleich Föderalismus. Derzeit kämpfen Verfechter zweier Strömungen mit- und gegeneinander. Die einen plädieren für einen Solidar-Föderalismus, die anderen für einen Wettbewerbs-Föderalismus.

Der Solidar-Föderalismus orientiert sich am Grundgesetz. Das wiederum will gleichwertige Lebensverhältnisse für alle in allen Bundesländern. Anders gesagt: Die starken Bundesländer und der Bund sollen den schwächeren beistehen.

Der Wettbewerbs-Föderalismus wiederum stärkt die Starken und schwächt die Solidarität untereinander. Beide Varianten werden spätestens dann praktisch relevant, wenn es finanziell um den Bundes- und Länderausgleich geht.

DIE LINKE ist für den Solidar-Föderalismus. Was nicht heißt, dass wir unterhalb dieser Grundsatz-Entscheidung alles gut finden, was namens der Föderalismus-Reform so daher kommt.

So wurde das Beamtenrecht weitgehend in die Länderkompetenz gegeben. Was auch bedeutet, dass Lehrer, Polizisten oder Feuerwehrleute künftig unterschiedlich, nämlich nach Kassenlage der Länder besoldet werden.

Es wird unterschiedliche Standards geben, von der Bildung bis zum Strafvollzug. Und Bayern ist gerade in dieser Woche mit einem neuen Versammlungsrecht vorgesprescht, das eigentlich ein Demonstrations-Verhinderungs-Gesetz ist.

Ich empfehle Ihnen dazu eine „Aktuelle Notiz“ von mir. Sie finden sie unter http://www.petrapau.de/16_bundestag/dok/080718_an_versammlungsunrecht.htm . Umgekehrt werden immer mehr Befugnisse der Polizei und der Geheimdienste zentralisiert und ausgeweitet.

Das einfache Pro oder Kontra Föderalismus hilft also nicht weiter. In der Debatte kreuzen sich gegensätzliche politische Strategien. Deshalb nochmals: Ich plädiere für einen solidarischen Föderalismus.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Pau
Berlin, 19. 07. 2008

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