Können Sie Ihre Äußerungen in der Mitteilung vom 19.03.2024 zur Beamtenbesoldung bitte weiter ausführen?
Sehr geehrte Frau Nicolaisen,
haben Sie sich tatsächlich einmal tiefergehend mit der Thematik "amtsangemessene Besoldung" bzw. der seit Jahren anhaltenden verfassungswidrigen Besoldung der Bundesbeamten befasst?
Haben Sie sich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und die Stellungnahmen derer, die tatsächlich Ahnung haben, zu den Gesetzesentwürfen angesehen?
Wenn ja, dann erschließt sich mir nicht, warum Sie die "Umsetzung" der Länder als verfassungsgemäß bewerten. Vielleicht könnten Sie dies bitte erläutern.
Der letzte bekannte Entwurf ist bereits jetzt, zieht man die o. g. Stellungnahmen zu Rate, als anhaltend verfassungswidrig abzulehnen.
Können Sie nachvollziehen, dass an einem konkreten und ehrlichem Umsetzungswillen der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes durch die CDU/CSU auf Grund der Vergangenheit ernsthafte Zweifel bestehen?
Sehr geehrter Herr H.,
haben Sie vielen Dank für Ihre kritische Nachfrage.
Ich mache gerne für Sie nachvollziehbar, weshalb ich diese Aussage so in der von Ihnen angesprochenen Pressemitteilung der CDU/CSU-Fraktion vom 19.03.2024 getätigt habe.
Das Bundesverfassungsgericht hat am 04. Mai 2020 mit zwei Beschlüssen die Richterbesoldung des Landes Berlin zwischen 2009 und 2015 sowie die Besoldung von Beamten und Richtern ab dem dritten Kind in Nordrhein-Westfalen zwischen 2013 und 2015 als zu niedrig bemessen eingestuft. Wie Sie wissen, hat das Bundesverfassungsgericht seine vorherige Rechtsprechung aus dem Jahr 2015 damit bekräftigt, was gleichermaßen Auswirkungen auf Bundesbeamte wie Landesbeamte hat.
Das Signal, das das Bundesverfassungsgericht damit aussendete, ist klar: Der Gesetzgeber muss zeitnah verfassungskonforme Regelungen zur Einhaltung des hergebrachten Grundsatzes der amtsangemessenen Alimentation treffen.
Grundsätzlich gilt dabei, dass der Beamte oder die Beamtin sowie die dazugehörige Familie abhängig vom Dienstrang lebenslang vom Dienstherrn alimentiert werden müssen. In der Praxis bedeutet das unter anderem, dass das Nettoeinkommen des Beamten seine finanzielle Unabhängigkeit gewährleistet und ein Mindestabstandsgebot zum Grundsicherungsniveau eingehalten wird.
Nun ist es tatsächlich so, dass alle Bundesländer die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Form von eigenen Gesetzen umgesetzt haben. Ich nenne Ihnen gerne meine Heimat Schleswig-Holstein als Beispiel. Hier wurde 2022 die Besoldungsgruppen A4 und A5 komplett abgeschafft und die betroffenen Beamten automatisch nach A6 besoldet. Auch im Jahr 2024 ist die Landesregierung nicht untätig und legt den Gewerkschaften einen Gesetzentwurf für die Gewährleistung der Alimentation in den Jahren 2023 und 2024 vor.
Andere Länder entscheiden sich wiederum für andere Maßnahmen, beispielsweise für die Einführung eines Familienergänzungszuschlags oder die Erhöhung von Sonderzahlungen.
Wie Sie sehen, hat der Gesetzgeber bei der Konkretisierung der amtsangemessenen Alimentation einen äußerst weiten Gestaltungsspielraum. Dass in den Ländern möglicherweise auch Regelungen getroffen wurden, die nicht auf die Zustimmung aller Beamten treffen, ist sicherlich richtig. Es steht aber nicht mir als Bundespolitikerin zu, die einzelnen Regelungen in den Ländern zu bewerten. Für mich ist wichtig: In den Ländern wurde legislativ auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes reagiert und es wurden entsprechende Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht - der Bund allerdings war bislang weitestgehend untätig.
Auf Bundesebene liegt, obwohl die Beschlüsse des Verfassungsgerichtes vor nunmehr fast vier Jahren veröffentlicht wurden, bislang immer noch nur ein Referentenentwurf zum Bundesbesoldungs- und -versorgungsangemessenheitsgesetz (BBVAngG) aus Januar 2023 vor - es existiert nicht einmal ein Kabinettsbeschluss, geschweige denn ein Gesetzentwurf. Und aktuellen Presseberichten zufolge besteht die reelle Gefahr, dass dies auch in der laufenden Legislaturperiode so bleiben wird und die Bundesbeamten eben auch in naher Zukunft nicht verfassungskonform alimentiert werden. Auf diese Diskrepanz zwischen Bund und Ländern, die die Bundesregierung zu verantworten hat, habe ich in der von Ihnen angesprochenen Pressemitteilung der CDU/CSU-Fraktion aufmerksam gemacht und hingewiesen.
Seien Sie versichert, dass ich mich weiterhin für die längst überfällige amtsangemessene Besoldung der Bundesbeamten stark machen werde und auf die Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfes noch in dieser Legislaturperiode dränge. Ihren Vorwurf, dass es der Union auf Bundesebene oder den unionsgeführten Bundesländern an einem konkreten Umsetzungswillen mangele, kann ich – wie Sie meinen Ausführungen entnehmen können – nicht nachvollziehen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Position sowie meine Aussage aus der Pressemitteilung nachvollziehbar darlegen.
Zögern Sie nicht, mich bei weiteren Nachfragen zu kontaktieren.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Nicolaisen