Frage an Petra Guttenberger von Alex S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Frau Guttenberger, ich wüßte gern, wie Sie zu der Einführung von Bürgerversammlungen nach irischen Vorbild stehen. Danke!
Sehr geehrter Herr Schulz,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die „Irische Bürgerversammlung“ ist ein durchaus interessantes Demokratieinstrument für bestimmte eng umrissene Themen.
Erstmalig in Bezug auf die Thematik Homoehe praktiziert, werden hier 99 Bürgerinnen und Bürger nach dem Losverfahren ausgewählt, um dann ein Jahr lang Politik zu machen.
Das Ergebnis dieser gelosten Versammlung wird dann dem jeweiligen Entscheidungsorgan vorgetragen, das sich daran aber nicht halten muss.
In Bayern haben wir über Volksbegehren und Volksentscheid auf Landesebene sowie über die Bürgerbegehren auf kommunaler Ebene eine Vielzahl von Mitwirkungsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger.
Nicht zuletzt ist der Bürger über Volksbegehren / Volksentscheid direkt Gesetzgeber.
Als besonders positiv wird in der Bewertung der Entscheidungsfindung durch die irische Bürgerversammlung bei besonderen Themenbereichen gewertet, dass Bürger deutlich sehr viel mehr Achtung vor der Arbeit von Politikerinnen und Politikern bekommen und sich auch bewusster werden, wie wichtig es ist, sich in der Demokratie einzubringen.
Auch in Irland wird diese Methode nicht für alle Themen und insbesondere nicht für das politische Alltagsgeschäft eingesetzt.
Irland hat um die 4,5 Millionen Einwohner, Bayern annähernd 13 Millionen.
Auch hier zeigt sich, dass hier ein derartiges kleines überschaubares Gremium von 99 Personen sicher in hohem Maße problematisch wäre.
Als große Gefahr in diesem Zusammenhang sehe ich, dass hier eine deutliche Minderheit in die Versuchung käme, die Mehrheit zu dominieren, was gerade in der Demokratie nicht stattfinden darf, da hier die Mehrheit der Menschen den Weg vorgibt.
Auch aus diesem Grund stehe ich einer Methode Bürgerversammlung nach Irischem Modell für Bayern, einem Land mit knapp 13 Millionen Einwohnern eher skeptisch gegenüber.
Anders als in Irland bestehen aber, wie bereits ausgeführt, hier auch weitergehende Mitwirkungs-rechte des Bürgers und der Bürgerin, über Volksbegehren und Volksentscheid selber Gesetzgeber zu werden und zudem via Popularklage auch ohne unmittelbare Betroffenheit vor das Verfassungsgericht zu ziehen.
Fazit: Die Bürgerversammlung nach Irischem Modell ist ein interessantes Demokratieexperiment.
Aufgrund der bereits heute vorhandenen vielfältigen und weitergehenden Möglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger in Bayern würde ich dieses für Bayern nicht weiter verfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Guttenberger, MdL