Frage an Peter Weiß von Emese B. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht
Nachdem Sie sich im März gegen eine Aufnahme von schutzbedürftigen Geflüchteten entschieden haben und es nun zur Katastrophe gekommen ist - was werden Sie jetzt tun, damit Deutschland in dieser Situation schnell eben jene Menschen aufnimmt und endlich im Sinne einer solidarischen Gemeinschaft handelt?
Sehr geehrte Frau Bodolay,
haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben, mit dem Sie auf die Situation der Flüchtlinge auf Lesbos aufmerksam machen. Gerne möchte ich dazu Stellung nehmen.
Als CDU/CSU-Fraktion haben wir gemeinsam mit unserem Koalitionspartner vereinbart, einen humanitären Beitrag zu leisten, um insbesondere die Situation der Kinder in den Hotspots zu verbessern.
Konkret geplant ist, dass wir im Rahmen einer europäischen Lösung in einer "Koalition der Willigen" einen Teil von insgesamt 1.600 Plätzen übernehmen. Dies gilt insbesondere für Kinder, die krank und dringend behandlungsbedürftig sind oder aber unbegleitet und jünger als 14 Jahre.
Als CDU/CSU-Fraktion begrüßen wir das zivilgesellschaftliche Engagement zahlreicher Vereine und ehrenamtlich tätiger Bürgerinnen und Bürger bei der Aufnahme von schutzsuchenden Personen. Dies zeigt einmal mehr, wie sehr der Wert der christlichen Nächstenliebe in unserer Gesellschaft gelebt wird.
Gleichwohl haben Sie sicherlich Verständnis dafür, dass trotz der gebotenen Dringlichkeit ein zwischen allen Beteiligten abgestimmtes Verfahren unbedingt notwendig ist. Schon um einen einheitlichen Maßstab zu wahren, wurde die Aufgabe der Identifikation der in Betracht kommenden Personen und die nachfolgende Zuweisung auf aufnahmebereite Mitgliedstaaten unter anderem der Europäischen Kommission und der Gemeinschaftsagentur EASO sowie den zuständigen Behörden in Griechenland zugewiesen. Aus diesen Gründen kann einer Bitte um eine Sondergenehmigung derzeit nicht entsprochen werden. Diese würde die gemeinschaftlichen Maßnahmen konterkarieren.
Ziel der CDU/CSU-Fraktion wie auch der Bundesregierung bleibt es, die humanitären Herausforderungen auf den griechischen Inseln gemeinsam und in Abstimmung mit unseren europäischen Partnern zu lösen. Die Europäische Kommission ist nun in der Verantwortung, das Vorgehen innerhalb der "Koalition der Willigen" zügig zu koordinieren. Ein gemeinsames europäisches Vorgehen ist besonders wichtig, wenn wir unsere Bemühungen für eine gemeinsame europäische Migrationspolitik nicht untergraben wollen.
Unabhängig von dieser konkreten Frage der Übernahme unbegleiteter Kinder bleibt die Lage auf den griechischen Inseln der Ägäis weiterhin kritisch. Deutschland unterstützt Griechenland daher seit langem vor Ort mit Personal und konkreten und umfassenden Hilfslieferungen sowohl bilateral als auch im Rahmen von europäischen Initiativen.
Lassen Sie mich alleine auf die Beispiele der letzten Monate eingehen. Deutschland übergab Griechenland bereits Mitte Dezember 2019 insgesamt 55 LKW-Ladungen mit Hilfsgütern im Wert von 1,56 Millionen Euro für die Unterbringung von bis zu 10.000 Migranten und Flüchtlingen. Zudem hat Deutschland den Einsatz des THW vor Ort angeboten und zuletzt weitere Hilfsleistungen im Wert von 2,4 Millionen Euro, unter anderem 150 Winterzelte inklusive Ausstattung und 1.500 Feldbetten.
Auch seitens der Europäischen Union wird viel unternommen, um die prekären Bedingungen auf den griechischen Inseln zu verbessern. Neben der Bereitstellung von sanitären und medizinischen Gütern im Rahmen des EU-Katastrophenschutzmechanismus entsendet sie beispielsweise auch Ärzte und medizinisches Personal. Zudem hat die griechische Regierung mit finanzieller Unterstützung der EU 28 hochmoderne Einrichtungen auf dem Festland fertiggestellt, die der Evakuierung von Menschen von den griechischen Inseln dienen. Die EU unterstützt zudem die Behörden in Griechenland bei ihren Bemühungen, die Ausbreitung des Covid-19 Virus einzudämmen und insbesondere für vulnerable Gruppen wie Alte, Kranke und Kinder die erforderliche Isolation und medizinische Versorgung zu gewährleisten. Die Kommission und das Europäische Parlament sind zudem im Begriff, eine weitere Summe in Höhe von 350 Millionen Euro als Soforthilfe zur Verbesserung der Aufnahmebedingungen in Griechenland zu bewilligen.
Eine sofortige Evakuierung ist hingegen aus medizinischer Sicht nicht verantwortbar. So haben auch die Internationale Organisation für Migration und das Flüchtlingshilfswerk UNHCR ihre Programme zur Neuansiedlung von Flüchtlingen (das sog. Resettlement-Programm) aus Gründen der Eindämmung der Pandemie vorübergehend ausgesetzt.
Seien Sie versichert, dass sich die CDU/CSU-Fraktion auch weiterhin für eine deutliche Verbesserung der humanitären Lage für Flüchtlinge auf den griechischen Inseln im Rahmen einer gemeinschaftlichen und koordinierten Politik der Europäischen Union einsetzen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Peter Weiß, MdB