Frage an Peter Biesenbach von Petra M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Warum hat die CDU ihr Versprechen zur Einführung eines neuen Kommunalwahlrechts nicht gehalten?
Im Wahlprogramm der CDU zur Landtagswahl 2005 stand:
"Wir setzen uns für eine bürgernahe Ausgestaltung des kommunalen Wahlrechts ein. Durch die Einführung des Kumulierens und Panaschierens erhalten die Bürger und Bürgerinnen mehr Einflussmöglichkeiten."
Die CDU und Sie persönlich haben aber genau gegen die Einführung eines neuen kommunalen Wahlrechts gestimmt (in Hamburg soll das Kummulieren zukünftig sogar für die Bürgerschaftswahl und damit für die dortige Landtagswahl möglich sein) und damit Ihr Wort gebrochen.
Was hindert Sie an der Einführung von mehr Demokratie bei Kommunalwahlen? Warum haben Sie Ihr Wort gebrochen?
Herzliche Grüsse
Sehr geehrte Frau Müller,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Kumulieren und Panaschieren. Mit Wirkung zum 01. Januar 2008 haben wir die Gemeindeordnung von Nordrhein- Westfalen umfassend reformiert. Ziel war es, die kommunale Selbstverwaltung zu stärken und den Bürgern mehr Mitspracherechte einzuräumen. Dabei wurden jahrelang von der CDU vertretene Positionen - wie z.B. die Verlängerung der Wahlzeit des Hauptverwaltungsbeamten und die Stärkung der ehrenamtlichen Ratsmitglieder - umgesetzt.
Die Koalition aus CDU und FDP hatte sich in der Koalitionsvereinbarung verpflichtet, die Möglichkeit einer Aufnahme des Kumulierens und Panaschierens in das nord-rhein-westfälische Kommunalwahlrecht zu überprüfen. Diese Prüfung ist negativ ausgefallen.
Nordrhein-Westfalen unterscheidet sich in wichtigen Strukturmerkmalen von Ländern wie Baden-Württemberg, Bayern, Hessen oder Rheinland-Pfalz, in denen nach dem "süddeutschen Modell" kumuliert und panaschiert wird. In NRW gibt es beispielsweise eine Vielzahl von großen Gemeinden und Kreisen; ent-sprechend groß wäre die Zahl von Wahlbewerbern. So hätte beispielsweise der Wahlvorschlag für die Kommunalwahl in Köln 2.700 Bewerber umfassen können. In NRW gibt es 30 Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohnern, in denen jeweils zwischen 58 und 90 Vertreter zu wählen sind. Nur 13 Prozent der 396 Gemeinden befinden sich in der Größenklasse bis 10.000 Einwohner - in den Ländern des süddeutschen Modells dagegen sind dies zwischen 77 und 98 Prozent. Die Zahl der Großstädte liegt dort zwi-schen 4 bis 9.
Angesichts der Vielzahl von Wahlvorschlägen machen viele Wähler keinen Gebrauch von dieser Wahlfreiheit, sondern geben ihre Stimmen im Ganzen einer Liste. Dieser Trend würde durch die oben beschriebenen Strukturen in NRW noch gefördert. Daher sind wir der Auffassung, dass durch die Einführung des Kumulierens und Panaschierens in Nordrhein-Westfalen derzeit weder mehr Demokratie noch Bürgerbeteiligung an den politischen Entscheidungen geschaffen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Biesenbach