Frage an Peter Biesenbach von Christine W. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Biesenbach,
am gestrigen Tag wurde mir als Juristin am Amtsgericht Recklinghausen in einer Familiensache (48 F 201/17) die Prozessteilnahme als Beistand meiner herzkranken Mutter von der dortigen Richterin versagt, obwohl § 12 FamFG i.V.m. § 79 Abs.2 Nr.2 ZPO eine solche Prozessteilnahme ausdrücklich vorsehen. Es wurden im weiteren Verlauf seitens des Gerichts Erklärungen von meiner Mutter gefordert deren Inhalt ihr nicht klar war, da das Gericht entweder nicht in der Lage war ordnungsgemäß aufzuklären oder dies gar nicht wollte. Hinzu kommt, dass dieselbe Richterin ein von meinem Vater initiiertes Scheidungsverfahren meiner Eltern weiterbetreibt obwohl der Anwalt meines Vaters, der unlängst für den Landtag kandidierende RA Meick, selbst in einem Verfahren am Amtsgericht Recklinghausen, Az.: 48 F 185/15, mit Schriftsatz vom 01.02.2016 bestätigt hat, dass Scheidungsvoraussetzungen nicht vorliegen.
Diesbezüglich würde mich zunächst interessieren wie Sie zu einem Parteikollegen stehen, welcher nunmehr in einem Scheidungsantrag (48 F 117/17) behauptet, dass „die Parteien seit 2014 getrennt leben“, wo doch § 138 Abs.1 ZPO eine Wahrheitspflicht vorgibt mit der diese Widersprüche nicht vereinbar sind. Desweiteren möchte ich gerne von Ihnen wissen, was Sie als oberster Dienstherr der Richterin zu tun gedenken, um sicherzustellen dass meine herzkranke Mutter künftig mit dem von ihr gewählten Prozessbeistand erscheinen kann.
Zudem hat mein Vater gegen das Sprengstoffgesetz verstoßen indem er 2kg Schwarzpulver offen zugänglich lagerte. Das entsprechende Verfahren (41 Js 203/16) wurden den Angaben der Polizei zufolge jedoch „selbstverständlich“ eingestellt. Wie kann das sein? Ausländer, die mit Gefahrstoffen auffallen, werden festgenommen und dies als Erfolg eines Rechtsstaats dargestellt, während Deutsche, die wegen unsachgemäßem Umgang mit Gefahrstoffen auffallen vollständig unbehelligt bleiben sollen? Welches Signal wollen Sie hiermit senden?
Sehr geehrte Frau Winkler,
mit Ihrem vorbezeichneten Schreiben haben Sie sich an Herrn Minister Biesenbach gewandt. Ich bin beauftragt, Ihnen zu antworten.
In Ihrem Schreiben wenden Sie sich gegen die Sachbehandlung durch das Amtsgericht Recklinghausen in einer Familiensache (48 F 201/17) und rügen Ihre Nichtzulassung als Beistand Ihrer Mutter. Daneben sei die dortige Richterin ihrer Aufklärungspflicht nicht nachgekommen und betreibe das Scheidungsverfahren Ihrer Eltern ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen weiter. Darüber hinaus erheben Sie standesrechtliche Vorwürfe gegen einen Rechtsanwalt aus Waltrop und wenden sich gegen die Einstellung eines Verfahrens der Staatsanwaltschaft Bochum gegen Ihren Vater (41 Js 203/16). Hierzu bemerke ich:
Hinsichtlich Ihrer Beanstandungen der Sachbehandlung des Amtsgerichts Recklinghausen gilt Folgendes: Nach der verfassungsrechtlichen Ordnung für die Bundesrepublik Deutschland sind die Richterinnen und Richter in ihren Entscheidungen unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen (Artikel 97 des Grundgesetzes). Dem Ministerium der Justiz ist es - wie jeder anderen Stelle außerhalb des gerichtlichen Instanzenzugs auch - deshalb versagt, gerichtliche Entscheidungen zu ändern, aufzuheben oder solche Entscheidungen auch nur im Wege der Dienstaufsicht auf ihre sachliche Richtigkeit zu überprüfen. Gerichtliche Entscheidungen können nur mit den in der entsprechenden Verfahrensordnung vorgesehenen Rechtsbehelfen angefochten werden. Hierüber befinden dann wieder unabhängige Gerichte. Im Übrigen steht die (eingeschränkte) Dienstaufsicht über Richterinnen und Richter gemäß § 8 des Gesetzes über die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen zunächst den Präsidentinnen und Präsidenten der Landgerichte und den Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte zu. Nach ständiger Übung pflege ich der Entscheidung der zunächst zuständigen Stelle nicht vorzugreifen. Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich auch in Ihrem Fall von dieser ständigen Übung nicht abweichen kann.
Entsprechend habe ich Ihre Eingabe an den Präsidenten des Landgerichts Bochum weitergeleitet.
Auch über Beanstandungen staatsanwaltschaftlicher Maßnahmen befindet in meinem Geschäftsbereich zunächst die örtlich und sachlich zuständige Behörde. Staatsanwältinnen und Staatsanwälte unterliegen einer dreistufigen Aufsicht und Leitung: durch ihre Behördenleitung, durch die zuständige Generalstaatsanwältin beziehungsweise den zuständigen Generalstaatsanwalt und - erst in letzter Instanz - durch das Ministerium der Justiz. Das Gerichtsverfassungsgesetz sieht dies so vor. Nach ständiger Übung pflege ich der Entscheidung der zunächst zuständigen Behörde nicht vorzugreifen.
Ich habe Ihre Eingabe deshalb insoweit in Kopie zur Prüfung und weiteren Veranlassung an die Leitende Oberstaatsanwältin in Bochum weitergeleitet.
Soweit Sie ferner standesrechtliche Vorwürfe gegen einen Rechtsanwalt erheben, verweise ich darauf, dass den Justizbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen eine Disziplinarbefugnis über Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nicht zusteht. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte unterliegen vielmehr einer Standesaufsicht durch die Rechtsanwaltskammern. Bei Beschwerden ist der Vorstand der Rechtsanwaltskammer gehalten zu prüfen, ob eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt seine beruflichen Pflichten verletzt hat. Im Falle eines gravierenden Verstoßes gegen die Berufspflichten wird dieser die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens beantragen. Ich stelle anheim, sich insofern ggf. an die Rechtsanwaltskammer Hamm zu wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thum