Frage an Paul Ziemiak von Stephan J. bezüglich Bundestag
Guten Tag.
Seit die große Koalition an der Regierung ist wird die Wahlrechtsreform diskutiert.
Es ist unverständlich das eine Veränderung des Wahlrechts bisher nicht möglich war.
Warum hat man nicht schon zu Beginn der Regierungszeit die Initiative ergriffen und an der Verringerung der Wahlkreise gearbeitet, den dadurch entsteht nach meinem Verständnis das Problem der Überhangmandate. Sind Sie nicht der Meinung das 600 Abgeordnete ausreichen um eine effiziente Parlamentsarbeit zu gewährleisten?
Der deutsche Bundestag ist das zweitgrößte Parlament der Welt, obwohl Deutschland nur auf Platz 14 der bevölkerungsreichsten Länder steht.
Nachbarländer der EU haben folgende Parlamentsstärken:
630 Abgeordnete – Italien 577 Abgeordnete – Frankreich 460 Abgeordnete – Polen
350 Abgeordnete – Spanien 300 Abgeordnete – Griechenland 240 Abgeordnete – Bulgarien
Mich interessiert Ihre Meinung zu dem Thema Wahlrechtsreform und welchen Einfluss Sie geltend machen um eine Lösung zu finden die den Bürgern akzeptabel erscheint.
Sehr geehrter Herr Jeite,
vielen Dank für Ihre Frage. Ihre Argumentation kann ich sehr gut nachvollziehen. Das aktuelle Parlament ist mit 709 Abgeordneten exakt 111 Mandate größer, als von unserer Verfassung vorgesehen. Durch die 299 Direktmandate und 299 Verhältnismandate sieht das Grundgesetz eine Parlaments(mindest)größe von 598 Sitzen vor. Sie haben Recht: Der Deutsche Bundestag ist zu groß und die Lösungsfindung verlief zu schleppend. In den zahlreichen Arbeitsgruppen gelang es bisher nicht den Grundkonflikt zu lösen. Es stellt sich die Frage, ob man die Direktmandate oder die Listenmandate im Blick hat. Denkbar wäre ein Bundestag gewesen, in dem die eine Hälfte der Abgeordneten über ein Direktmandat einzieht und die andere Hälfte über ein Listenmandat. Dieses sogenannte Grabenwahlrecht wäre aus meiner Sicht fair und es wäre auch für die Wählerinnen und Wähler verständlich. Gleichzeitig würde die Zahl von 598 Abgeordneten nicht überschritten. Die Anzahl der Wahlkreis wäre in diesem System unproblematisch. Das Grabenwahlrecht ist jedoch nicht mehrheitsfähig, da 410 von 709 Bundestagsabgeordneten über ein Listenmandat eingezogen sind und die Fraktionen der FDP, SPD, AfD, Linken und Grünen in der Mehrheit aus Listenabgeordneten bestehen. Die Reduzierung der Wahlkreise wird in der Folge von den Parteien vorangetrieben, die in den meisten Wahlkreisen unterlegen sind.
Gestern hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion einer Reduzierung der Wahlkreise in einem gewissen Umfang zugestimmt und damit eine Lösung ermöglicht, die primär zu Ungunsten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wirken wird. Kurzum: Wir leisten unseren Beitrag zu einer Verkleinerung des Bundestages.
Ein Aspekt ist mir persönlich besonders wichtig: Wer ein Direktmandat gewinnt, muss auch in den Deutschen Bundestag einziehen. Wer die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler in einem Wahlkreis von sich überzeugt hat, muss diese auch im Parlament vertreten können. Ein Wahlsystem in dem lokale Wahlsieger kein Mandat erhalten würde wahrscheinlich auch wenig Akzeptanz in der Bevölkerung finden.
Ich bin zuversichtlich, dass wir in dieser Frage zeitnah Fortschritte machen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Paul Ziemiak