Frage an Paul Ziemiak von Rita G. bezüglich Gesundheit
Guten Tag Herr Ziemiak,
ja, Corona-Bilder wie in Spanien und Italien sind uns erfreulicherweise erspart geblieben. Glücklicherweise ist es nicht so gekommen wie befürchtet. Es wurden ausreichend Intensivbetten geschaffen und Beatmungsgeräte besorgt, doch der personelle Notstand wird ja nicht durch eine Federstrich behoben. Viele unserer Intensivstationen waren mangelhaft ausgerüstet und personell war man mehr als am Anschlag. Dank unserer hoch motivierten Corona-PflegerInnen, die bis zur völligen Erschöpfung im Einsatz waren, blieb eine pflegerische Katastrophe aus. Wieso schaffen es die "applaudierenden" PolitikerInnen jetzt nicht auch für KrankenpflegerInnen einen Bonus - zumindest für die Pflegekräfte auf den Corona-Stationen - auf den Weg zu bringen. Das Gesundheitsministerium hält das Pflegebudget für die Pflege am Bett (für tarifvertragliche Leistungen vorgesehen) für ausreichend bemessen, um auch tarifvertragliche Bonus- und Sonderzahlungen zu finanzieren. Die GKV und die viele Klinikbetreiber anscheinend nicht, oder wie lässt sich deren Untätigkeit sonst erklären?
Kann ein Corona-Bonus eine tarifvertragliche Leistung darstellen, nachdem die Finanzierungsumstellung auf das Pflegebudget für die "Pflege am Bett" in Kliniken bereits vor Corona erfolgt ist, genauso wie der noch geltende Tarifvertrag? Ich denke nicht und somit sollte doch ein Sachgrund für eine Nachfinanzierung ergänzend zum Pflegebudget begründet sein.
Die KrankenpflegerInnen sollen jetzt auf die anstehenden Tarifverhandlungen vertröstet werden. Unabhängig davon haben wenige Bundesländer in denen überwiegend die CDU den Ministerpräsidenten stellt, einen Pflegebonus für KrankenpflegerInnen ermöglicht. KrankenpflegerInnen die in anderen Bundesländern arbeiten gehen meist leer aus - außer in Berlin und Bayern. Die IntensivpflegerInnen haben ihre Gesundheit gefährdet und ihr Leben riskiert, über 20000 Pflegekräfte (getestete) sind an Covid19 erkrankt über 60 davon sind gestorben. Die persönlichen Einschränkungen und das Erkrankungsrisiko - auch für das Umfeld der aktiven Corona-PflegerInnen - bestehen weiterhin. Unsere HeldInnen werden von unseren PolitikerInnen und Verantwortlichen im Gesundheitswesen in beschämender Weise vergessen. Die GKV beklagen jetzt den Rückgang der Beitragseinnahmen und die Kliniken vermelden Ertragseinbußen - die anstehenden Tarifverhandlungen werfen ihre Schatten voraus. Die Corona-Rechnung zu Lasten der (Corona) KrankenpflegerInnen? Sie müssen sich jetzt sogar sagen lassen, sie verdienten - im Gegensatz zu den AltenpflegerInnen - gut und hätten in heutiger Zeit immerhin einen sicheren Arbeitsplatz.
Soll jetzt ein Pflegeberuf gegen den anderen ausgespielt und Äpfel mit Birnen verglichen werden? Der Pflegenotstand wird mit solch einem Vorgehen wohl kaum reduziert. Ist dies die Wertschätzung - für solche eine harte, physisch und psychisch enorm belastende Arbeit - die nach dem Applaus übrig bleibt? Motivierend wird sich solch ein "Feedback" sicher nicht auswirken. Soll es das jetzt gewesen sein, zurück zum Alltag und Ruhe jetzt aus der "systemrelevanten" Ecke? Das Letzte was wir jetzt gebrauchen können sind zunehmend resignierende, unmotivierte KrankenpflegerInnen die sich - für mich nachvollziehbar - aus ihrem schlecht bezahlten, undankbaren und Familien- und beziehungsuntauglichen Beruf zurückziehen. Ich bin mir sicher, jede/r einzelne BürgerIn würde es gut heißen, wenn unsere Lebensretter mit einer Bonuszahlung eine spürbare Anerkennung für die außergewöhnlichen Leistungen erhalten würden. Wir alle haben durch Geburt und Krankheit mehr als einmal im Leben mit einem Klinikaufenthalt zu tun und wissen die Arbeit der raren und unverzichtbaren KrankenpflegerInnen zu schätzen. Warme Worte sind genug verteilt! Wollen Sie und Ihre KollegInnen nicht dankbar auf diese Menschen zurückblicken und für sie kurzfristig und unbürokratisch eine akzeptable Bonus-Lösung finden? Alles andere wirkt auf mich wirklich armselig!
Mit freundlichen Grüßen
R. G.
Sehr geehrte Frau Gerhäusser,
vielen Dank für Ihre Zuschrift und Ihre ehrliche Meinung. Ihren Unmut in dieser Situation kann ich sehr gut verstehen. Grundsätzlich bin ich sehr erleichtert, dass uns Bilder wie aus Italien oder den USA erspart geblieben sind. Das geht sicherlich zu einem hohen Maß auf die getroffenen Maßnahmen zurück. Uns alle trifft diese Krise. Ich kann jeden Restaurantbesitzer verstehen, der sich um seine wirtschaftliche Existenz sorgt. Mir tut jedes Hochzeitspaar leid, das die lange geplante Feier absagen muss. Ich sorge mich um jeden älteren Menschen in einem Seniorenheim, der keinen Besuch empfangen kann. Ich gönne auch allen Menschen ihren wohlverdienten Urlaub. Mir ist die Situation von Reisebüros, Kitas und Messebauern bewusst. Meine Gedanken sind natürlich auch bei den Menschen, die an dem Virus verstorben sind. Sehr geehrte Frau G., Sie sprechen die Leistungen der Pflegekräfte in dieser Pandemie an und auch ich empfinde große Anerkennung für diese Berufsgruppe. Pflegerinnen und Pfleger sind ein hohes Risiko für die eigene Gesundheit eingegangen.
Sie sprechen auch den Pflegebonus an. Die Höhe dieser Einmalzahlung ist von dem jeweiligen Bundesland abhängig, da diese teilweise durch die Länder finanziert wird. Mir ist bewusst, dass eine Pflegekraft in Niedersachen oder Thüringen dieselbe Leistung erbracht hat, wie die Kolleginnen und Kollegen in Bayern oder Nordrhein-Westfalen. Seitens des Bundes haben wir deshalb eine einheitliche Regelung eingeführt, die einen Bonus von bis zu 1.000 Euro vorsieht. Auch Auszubildende, Freiwilligendienstleistende, Helfer im freiwilligen sozialen Jahr und Leiharbeiter sowie Mitarbeiter in Servicegesellschaften sollen einen Bonus erhalten.
Unabhängig von dem Bonus müssen wir die Arbeitsbedingungen in der Pflege grundsätzlich im Blick haben. Als Jens Spahn im März 2018 sein Amt als Bundesgesundheitsminister antrat, hat er sich für eine bessere Pflege engagiert. Es werden 13.000 neue Stellen finanziert, um die Arbeitsbelastung abzufedern. Hinter jeder neuen Stelle steckt ein Mensch, der anpackt, die Kollegen entlastet und Patienten versorgt. Um diese neuen Stellen zu besetzen hat der Minister systematisch Fachkräfte im Ausland angeworben und gleichzeitig ein Konzept erarbeitet, um die Zahl der Auszubildenden bis 2023 um 10% zu steigern. Bundesminister Heil wird eine gesetzliche Regelung für eine einheitlichere und bessere Bezahlung von Pflegekräften erarbeiten und kann dabei mit der Unterstützung der CDU rechnen.
In den für alle schwierigen Zeiten wünsche ich Ihnen weiterhin viel Kraft und vor allem Gesundheit! Bleiben Sie gesund! Das ist im Moment das Wichtigste.
Herzlichst
Paul Ziemiak