Frage an Paul Ziemiak von Heide R. bezüglich Politisches Leben, Parteien
Sehr geehrter Herr Ziemiak,
ich beziehe mich auf Ihre Aussage: "Mit einer Partei, die bis heute nicht in der Lage ist, die DDR zu bezeichnen als das, was sie war, nämlich ein Unrechtsstaat, wie soll da eine Zusammenarbeit mit der CDU funktionieren?"
Wie Sie sicherlich wissen, wurde der Begriff „Unrechtsstaat“ in Bezug auf das NS-Regime geprägt. Es gibt unterschiedliche Auffassungen dazu, ob für die Anwendung dieses Begriffes ausschlaggebend ist, ob ein Staat Unrecht begeht, oder ob ein Staat Unrecht in einem Ausmaß begeht, das dem des NS-Regimes vergleichbar ist.
Wären Sie bereit, an den unten genannten Länderbeispielen aufzeigen, wo nach Ihrer Einschätzung die Grenze verläuft zwischen einem Staat, der Unrecht begeht, und einem Staat, der ein Unrechtsstaat ist?
1) Ist Saudi-Arabien nach Ihrer Einschätzung ein Unrechtsstaat? Wenn Nein, wie begründen Sie, dass Sie Saudi-Arabien diesbezüglich im Vergleich mit der ehemaligen DDR positiver einschätzen? Wenn Ja, wie begründen Sie, dass Deutschland es akzeptiert, dass NATO-Partner militärisches Engagement Saudi-Arabiens unterstützen?
2) Waren die USA vor der Abschaffung der Sklaverei ein Unrechtsstaat? Waren sie wegen der Rassentrennung noch bis in die 1960er Jahre hinein ein Unrechtsstaat, oder wo ist da die Grenze zu ziehen? Ist die Democratic Party von heute Rechtsnachfolgerin der Democratic Party, welche seinerzeit für die Beibehaltung der Sklaverei eintrat?
Ich bin gespannt auf Ihre Einschätzungen zur Anwendbarkeit des Begriffs „Unrechtsstaat“.
Mit besten Grüßen,
H. R.
Sehr geehrte Frau Richter,
die CDU hat kein Opfer von Hohenschönhausen und keinen Mauertoten vergessen. Diesen Menschen wurde Unrecht angetan. Ein Unrechtsstaat ist ein Staat, in dem Menschen der willkürlichen Gewalt des Regimes ausgeliefert sind. Das war in der DDR der Fall. Ein Staat, der seine Bevölkerung einsperrt und an seinen Grenzen erschießt, ist ein Unrechtsstaat. Die Partei die Die Linke grenzt sich bewusst von der Begrifflichkeit ab, weil sie als SED-Nachfolgeorganisation auch Verantwortung übernehmen müsste.
In dem nachfolgenden Artikel wird der Begriff sehr treffend auf die DDR bezogen:
https://www.cicero.de/innenpolitik/unrechtstaat-debatte-die-totalitaere-rechtsstaatslogik-der-linken/58313
Man kann die Geschichte der DDR unabhängig von der Lage im heutigen Saudi-Arabien und der Situation in den USA im Jahre 1864 betrachten und bewerten. Gerne weisen wir Sie in diesem Zusammenhang noch auf nachfolgende Artikel hin:
"Whataboutism (aus dem englischen What about ...? = „Was ist mit ...?“ und dem Suffix -ism = „-ismus“ zusammengesetzt) ist eine oft als unsachlich kritisierte Gesprächstechnik, die unter diesem Namen ursprünglich der Sowjetunion bei ihrem Umgang mit Kritik aus der westlichen Welt als Propagandatechnik vorgehalten wurde. Es bezeichnet heute allgemein die Ablenkung von unliebsamer Kritik durch Hinweise auf ähnliche oder andere wirkliche oder vermeintliche Missstände auf der Seite des Kritikers." (https://de.wikipedia.org/wiki/Whataboutism)
Mit freundlichen Grüßen
Team Ziemiak