Frage an Paul Ziemiak von Luca C. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Ziemiak,
in Ihrer Rede in der Aktuellen Stunde zum Thema Thüringen warfen Sie der Linken vor, ihre Vergangenheit nicht aufgearbeitet zu haben. Wie kommen Sie darauf, dass dies der Fall sei? Auf der Homepage der Partei gibt es die Rubrik "Geschichte", in der die Linke u.a. vom "Unrecht in Politik und System" spricht (bei Frage 2). Außerdem spricht sie von einem "eklatanten Mangel[...] an Demokratie und [der] Missachtung elementarer Bürgerrechte" (bei Frage 3).
Das Argument, man bezeichne die DDR nicht als "Unrechtsstaat" hinkt leider auch, da Sie als CDU kein Problem damit hatten in einem von Ihnen geführten Kabinett mit Manuela Schwesig zu arbeiten, die auch sagt, die DDR solle nicht als "Unrechtsstaat" bezeichnet werden. Die Argumentation dieser Auffassung wird übrigens auch geliefert: Man wolle damit nicht das Unrecht kleinreden, sondern man will verhindern, dass der Eindruck entstehe, dass das ganze Leben der DDR-BürgerInnen unrecht war. (NDR 1 Radio MV) Es ist also eine Ansicht, die man nicht teilen muss, aber diese als schlechte Aufarbeitung der Geschichte zu erklären ist leider eine Art Populismus, den Sie zurecht bei der AfD kritisieren.
Die Gleichsetzung von AfD und Linke ist ohnehin ein gefährliches Unterfangen, denn dadurch setzen Sie die beiden Parteien auf einer gewissen Ebene gleich.
Wieso ist es Ihnen und Ihrer Partei nicht möglich, die Linke als demokratische Partei zu akzeptieren?
Niemand fordert von Ihnen eine Koalition mit der Linken einzugehen (dies wäre für beide Parteien nicht möglich, da Sie diametrale Ansichten in z.B. Wirtschafts- oder Verteidigungspolitik haben), aber eine Zusammenarbeit in gewissen Punkten und wenn es nur der Tatsache dient, der AfD als eine Partei mit Faschisten, Nazis, Rassisten und Antidemokraten nicht noch mehr "Macht" bzw. Einfluss zu geben, muss doch möglich sein.
Ich hoffe, Sie nehmen sich die Zeit, meine Fragen und meine Anliegen zu bearbeiten und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen,
Luca Carecci
Sehr geehrte Frau C.,
vielen Dank für Ihre Zuschrift. Auf diesem Portal gab es viele ähnliche Anfragen. Gerne verweise ich in diesem Zusammenhang auf meinen Gastbeitrag in der FAZ: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/paul-ziemiak-union-und-linke-sind-wie-feuer-und-wasser-16457943.html
Gerne möchte ich auf zwei Punkte eingehen, die Sie anführen.
(1) Wir setzen die Linke und die AfD nicht gleich. Wir lehnen die Zusammenarbeit aus unterschiedlichen Gründen ab. Unabhängig voneinander haben wir deshalb zwei Parteitagsbeschlüsse gefasst. Wir sind aus unterschiedlichen Erwägungen zu demselben Ergebnis gekommen. Das mag wie eine Gleichsetzung von AfD und Linke wirken, aber im politischen Wettbewerb behandeln wir beide Parteien durchaus unterschiedlich.
(2) In Ihrer Zuschrift argumentieren Sie für eine Zusammenarbeit mit der Linken, um den Einfluss der AfD zu mindern. Diese Argumentation werden Sie in anderen Zuschriften auf diesem Portal ebenfalls finden. Wenn die CDU mit der Linken zusammenarbeitet, weil sie den Einfluss der AfD verringern möchte, dann wäre dies der größtmögliche Einfluss den die AfD haben könnte. Das AfD-Narrativ von dem Kartell der Altparteien wäre bestätigt. Unabhängig von politischen Grundüberzeugungen würde die CDU mit der ehemaligen SED zusammenarbeiten, um gegen die AfD bestehen zu können. Die Abwahl eines linken Ministerpräsidenten wäre dann nur noch möglich, indem man die AfD wählt. Sehr geehrte Frau C., ich verstehe Ihre Intention, aber ich fürchte das würde die AfD eher stärken als schwächen.
Mit freundlichen Grüßen
Paul Ziemiak