Sehr geehrter Herr Kober, Wie würden Sie das regeln mit der Zuwanderung aus Afganistan wegen den Taliban?
Sehr geehrter Herr K.,
die Bundesregierung hat die Evakuierung von deutschen Staatsbürgern und afghanischen Ortskräften aufgrund falscher Lageeinschätzungen über den Vormarsch der Taliban viel zu spät begonnen. Die Bundesregierung räumt dies inzwischen selbst ein.
Bereits im Juni hatten wir als FDP-Bundestagsfraktion einen Antrag in den Bundestag eingebracht, in dem wir die Bundesregierung eindringlich auf die bestehende Bedrohung der afghanischen Ortskräfte durch die Taliban nach Abzug der NATO-Partner aufmerksam machten und die Bundesregierung aufforderten, für die afghanischen Ortskräfte der deutschen Einsatzkräfte ein vereinfachtes und unbürokratisches Visaverfahren zeitnah umzusetzen und so die Ausreise nach Deutschland schneller zu ermöglichen (Bundestagsdrucksache 19/30947). Dieser Antrag wurde sowohl von der Großen Koalition als auch den anderen Oppositionsfraktionen im Deutschen Bundestag abgelehnt (BT-Plenarprotokoll 19/236, S. 30617C-30617C).
Als Fraktion der Freien Demokraten erwarten wir von der Bundesregierung, auch nach dem Ende der militärischen Evakuierung, dass sie alles Notwendige tut, um deutsche Staatsbürger, afghanischen Ortskräfte und weitere akut schutzbedürftige Menschen, wie beispielsweise Frauen- und Menschenrechtsaktivistinnen sowie Journalisten vor den Taliban in Sicherheit zu bringen.
Die Machtübernahme der Taliban hat zudem viele Menschen in Afghanistan dazu veranlasst, aus Angst um ihr Leben oder das ihrer Familien, aus dem Land zu fliehen und in den Nachbarstaaten der Region Zuflucht zu suchen. Der Bedarf an humanitärer Hilfe für die geflüchteten Menschen in der Region wird daher steigen. Wir müssen vor Ort unterstützen, damit die Menschen nicht den weiten Weg bis nach Europa auf sich nehmen müssen. Neue Fluchtbewegungen aus diesen Ländern in Richtung Europa sind auszuschließen.
Die Bundesregierung muss direkte Gespräche mit den afghanischen Nachbarstaaten über die Versorgung afghanischer Flüchtling führen. Daneben fordern wir die Bundesregierung zur Einberufung eines EU-Sondergipfels der europäischen Staats- und Regierungschefs auf. In diesem Rahmen muss die Bundesregierung sicherstellen, dass das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR), die Internationale Organisation für Migration (IOM) und das Welternährungsprogramm der UN (WFP) mit ausreichend finanziellen Mitteln zur Unterbringung und Versorgung in den Nachbarländern Afghanistans – Tadschikistan, Usbekistan und Turkmenistan – ausgestattet ist. Die Fehler im Vorfeld der Flüchtlingskrise 2015, als das UN-Flüchtlingshilfswerk katastrophal unterfinanziert war, dürfen sich nicht wiederholen.
Leider ist es durch das von der Bundesregierung zu verantwortende Chaos der Evakuierung dazu gekommen, dass mindestens ein verurteilter und abgeschobener Straftäter wieder nach Deutschland einreisen konnte. Eine solche Person hat kein Recht in Deutschland zu bleiben. Wenn sich die Lage beruhigt, werden Rückführungen wieder möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Pascal Kober