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Otto Fricke
FDP
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Frage von Anna Lena W. •

Wieso haben Sie sich - insbesondere im Hinblick auf den zu befürchtenden Rechtsruck & Einschränkungen von Frauenrechten- NICHT für die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen eingesetzt?

Abtreibungsverbot = Geburtszwang

Kein Mensch sollte dazu gezwungen werden, eine ungewollte Schwangerschaft austragen zu müssen.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau W.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Wie Sie richtig ansprechen, haben wir als FDP-Fraktion uns nach ausführlicher Debatte dazu entschlossen, die von den Fraktionen SPD, Grüne und Linke eingebrachten Reformvorschläge für § 218 StGB nicht mitzutragen. Der Entwurf ging den anderen Fraktionen Mitte November zu, damit blieben noch drei Sitzungswochen bis zum Ende der Legislaturperiode. Medizinethische Themen werden in aller Regel in offenen Gruppenantragsverfahren behandelt, in denen die Abgeordneten sich über einen mehrere Wochen oder gar Monate dauernden Prozess in fraktionsübergreifenden Gruppen zusammenfinden, um verschiedene Entwürfe zu erarbeiten, sie zu diskutieren und schlussendlich abzustimmen. Für ein solches Verfahren blieb zwischen dem Bruch der Koalition und dem Neuwahltermin nicht genügend Zeit.

Die Debatte um Möglichkeiten einer Liberalisierung wollen wir im Rahmen eines solchen offenen Gruppenantragsverfahrens nach etablierter Praxis in der nächsten Wahlperiode führen. Wir stehen einer Liberalisierung offen gegenüber, aber das Thema verdient eine sachliche Auseinandersetzung abseits des Wahlkampfes, genügend Zeit zur Meinungsbildung im Bundestag und der Gesellschaft und die Ausarbeitung eines definitiv verfassungsrechtlich „wasserdichten“ Vorschlages. Niemandem ist schließlich geholfen, wenn die Neuregelung beim Bundesverfassungsgericht scheitert.

Weiter zeigt der Blick auf die aktuelle Rechtslage, dass in Deutschland auch derzeit kein „Geburtenzwang“ besteht. Die Verurteilungen wegen Schwangerschaftsabbrüchen schwanken zwischen 5 und 10 pro Jahr, während pro Jahr circa 100.000 Abbrüche vorgenommen werden. Eine tatsächliche Kriminalisierung lässt sich den Daten also schwer entnehmen, wenngleich ich gut nachvollziehen kann, dass die aktuelle Rechtslage dieses Gefühl erzeugt. Schwangere haben die Möglichkeit, bis zur 12. Woche
nach Befruchtung die Schwangerschaft nach Beratung und durch einen Arzt abbrechen zu lassen. Gründe müssen hierfür keine vorliegen, es reicht der Wille der Schwangeren, die Schwangerschaft nicht fortzusetzen. Straffreiheit besteht für die beratene
Schwangere sogar bis zur 22. Woche. Im Falle einer medizinischen Indikation sind die Möglichkeiten nochmal umfangreicher, hier sind unter Umständen auch sogenannten Spätabtreibungen möglich. Hinter diesen Möglichkeiten stehen wir als Freie Demokraten. Eine Verschärfung lehnen wir jedenfalls kategorisch ab.

Zuletzt ist mir auch wichtig zu betonen: Die Debatte um eine Liberalisierung allzu sehr zu polarisieren, birgt sogar die Gefahr, am Ende Rückschritte statt Liberalisierung zu bewirken. Der Blick in viele andere Länder zeigt genau das. Das gilt es zu verhindern.

Ich hoffe, ich konnte ihre Frage zufriedenstellend beantworten.

Es grüßt Sie freundlich

Otto Fricke 

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