Frage an Otto Fricke von Joerg B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Fricke,
in Ihrer Funktion als Vorsitzender des Haushaltsausschusses würde ich gerne von Ihnen Folgendes wissen:
1. Wie können verantwortliche Politiker bei steigenden Gesamtverbindlichkeiten des Bundes von Tilgung des Erblastentilgungsfonds sprechen?
2. Welche konkreten fiskalischen Maßnahmen wird die FDP bei einer etwaigen Regierungsbeteiligung ergreifen, um die Verschuldung des Staates von derzeit 18.500 € je Einwohner einzudämmen?
3.1. Welche Instrumente präferiert die FDP, um den moralischen Hazardeuren mancher Bankinstitute Unterstützung zu gewähren und dennoch unser Steuergeld schützen?
3.2. Stellt sich bei der differenzierten Bonitätslage der Banken nicht ein gesellschaftliches Problem, Banken mit ehemals höchsten Renditen nun die höchsten Staatsbeihilfen gewähren zu wollen?
4. Welche Maßnahmen und bis zu welcher Neuverschuldungshöhe für 2009 würden Sie persönlich als haushaltspolitisch verantwortbar in dieser Krise als halten?
5. Welche Themenschwerpunkte sehen Sie als besonders erfolgsversprechend für die FDP bei der Bundestagswahl?
Zuletzt noch eine persönliche Frage, sofern diese erlaubt ist: Wieviele Stunden pro Woche arbeiten Sie und welchen Anteil nehmen Nebentätigkeiten im Durchschnitt ein?
Mit herzlichen Grüßen aus Marburg nach Berlin
Jörg Behlen
Sehr geehrter Herr Behlen,
die Vielzahl Ihrer Fragen erlaube ich mir im Zusammenhang zu beantworten. Zum Thema Erblastentilgungsfond kann ich Ihnen auch nur sagen, dass mir unerklärlich ist, wie man eine Umschuldung in eine Tilgung uminterpretieren kann. Weitere Informationen hierzu finden in meinem Blog unter: http://ottofricke.wordpress.com/tag/erblastentilgungsfonds/
Als FDP-Bundestagsfraktion setzen wir auf ein niedriges, einfaches und gerechtes Steuersystem das die Bürger und die Wirtschaft entlastet und damit die Konjunktur dauerhaft in Schwung bringt. Dadurch werden auch die Sozialausgaben des Staates sinken und die Steuereinnahmen langfristig und nachhaltig steigen. Daneben muss natürlich auch gespart werden, wo Ausgaben überflüssig geworden sind. Hier heißt es klug und nicht dumm sparen. Als Arbeitsgruppe Haushalt der FDP-Bundestagsfraktion legen wir seit 2004 jährlich ein sog. "Liberales Sparbuch“ mit jeweils über 400 konkreten Einsparvorschlägen und einem Volumen von meistens mehr als 10 Milliarden Euro vor. Mehr hierzu finden Sie unter: http://www.fdp-fraktion.de/webcom/show_article.php?wc_c=1505
Neben den Veränderungen im Steuersystem brauchen wir auch strukturelle Verbesserungen im Gesundheitsbereich und in der Sozialversicherung, die den Herausforderungen der demographischen Entwicklung gerecht werden. Hinzukommen muss ein wirklicher Bürokratieabbau, der insbesondere den Mittelstand entlastet und Investitionen erleichtert.
Auf Basis dieser strukturellen Verbesserungen und der vernünftigen Einsparungen wird es langfristig wieder zu Haushaltsüberschüssen kommen. Diese Überschüsse besserer Zeiten müssen dann aber auch zuverlässig in den Schuldenabbau fließen. Dies soll eine Schuldenbremse im Grundgesetz gewährleisten, die dafür sorgt, dass Mehreinnahmen in konjunkturell guten Zeiten auch tatsächlich in den Schuldenabbau gehen. Die jetzt im Rahmen der Föderalismuskomission II gefundene Regelung reicht aus meiner Sicht noch nicht aus, weil sie zu viele Ausnahmen und keine Sanktionen bei Zuwiderhandlungen enthalten soll.
Zur aktuellen Finanzmarktkrise ist festzustellen, dass der Staat grundsätzlich seine Rolle als Schiedsrichter spielen und dabei kontrollieren sollte, ob die Akteure (hier die Banken) sich im Rahmen des zulässigen und Verantwortbaren bewegen. Leider nur ist dieser Rahmen in der Vergangenheit mehrfach durchbrochen worden, so dass sich eine systemische Krise entwickeln konnte, wobei die Bankenaufsicht in diesem Prozess nicht unbedingt eine gute Figur machte. Diese Krise ist mit Maßnahmen der Bankenaufsicht jedoch nicht mehr zu bewältigen. Hier bedarf es vertrauensbildender Maßnahmen, die das arg in Mitleidenschaft geratene Vertrauen der Banken untereinander wieder herstellt. Hierzu ist derzeit leider nur der Staat zu Leisten imstande.
Mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz, dem die FDP zugestimmt hat, nachdem auf unseren Wunsch auch eine parlamentarische Kontrolle eingeführt wurde, ist ein Instrument geschaffen, welches den Zusammenbruch des Systems insgesamt bisher verhindert hat. Geht eine Bank allerdings unter den staatlichen Rettungsschirm, bedeutet dies auch ein gewisses Mitspracherecht beispielsweise bei Fragen, die Managergehälter betreffen. Diese Maßnahmen jedoch dienen in erster Linie der Stützung des Interbankenmarktes und damit der Sicherung der Einlagen aller Bürger sowie der Finanzierung vor allem mittelständischer Unternehmen.
Wenn die Finanzmärkte wieder normal funktionieren, muss der Staat einen festen Rahmen bilden. Hierzu muss eine zentrale Bankenaufsicht errichtet werden. Das Nebeneinander von Bafin und Bundesbank muss beendet werden. Hier halte ich eine Bündelung der Aufsichtskompetenz bei der unabhängigen Bundesbank für sinnvoll.
Neben den oben angesprochenen strukturellen Reformen dürften aus meiner Sicht sicherlich auch die Wiederherstellung von Bürgerrechten und eine auf Abrüstung ausgerichtete Außenpolitik wichtige Rollen im Wahlkampf der FDP spielen. Die Schwerpunktsetzung allerdings bleibt der Programmgremien der Partei und dem Bundesparteitag im Mai vorbehalten.
Meine Wochenarbeitszeit liegt inklusive Sonn- und Feiertags bei ca. 70 Stunden. In Sitzungswochen des Deutschen Bundestages ist diese Zeit nahezu 100 %ig auf die Arbeit als Abgeordneter konzentriert.
In Wahlkreiswochen komme ich auf ca. 10 von den 70 Stunden, in denen ich als Rechtsanwalt arbeite. Dies mache ich auch, weil ich die Fähigkeit, als Rechtsanwalt zu arbeiten nicht komplett verlieren will, was mich in der Ausübung meines freien Mandates als Abgeordneter unabhängig macht. Falls der Wähler oder die Partei mich nicht mehr wählt oder aufstellt habe ich nämlich kein Rückkehrrecht in irgendein Beamten – oder Beschäftigungsverhältnis. Darüber hinaus erhält mir die Tätigkeit als Rechtsanwalt ein wenig den Kontakt zum „täglichen“ Leben der Mitbürger.
Es grüßt Sie freundlich
Otto Fricke