Frage an Otto Fricke von Rolf-P. M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Koalitionsaussage vor der Bundestagswahl
Sehr geehrter Herr Fricke, guten Tag!
Warum hört man von der FDP nicht, mit wem sie nach der Bundestagswahl konkret koalieren möchte und mit wem nicht? Ist es nicht ein Recht jedes Bürgern, das vor einer Wahl zu erfahren (an Hessen sei erinnert)?
Ich wäre bereit, FDP zu wählen, wenn sie eine Koalitionsaussage für die CDU treffen würde. Bei einer Aussage für die SPD würde ich CDU wählen.
Genauso würden sich sicherlich Wähler auch im umgekehrten Fall (Aussage für die SPD usw.) eine verbindliche Aussage wünschen.
Das Herumtaktieren führt nur zu Verdruss und sicherlich nicht zu wachsendem Wählerpotential.
Mit freundlichen (Jahresstarter-)Grüßen aus Korschenbroich
Rolf-P. Medler
Sehr geehrter Herr Medler,
herzlichen Dank für Ihre Frage zum spannenden Thema der Koalitionsaussagen.
Ich kann Ihre Bedenken auf dieser Ebene durchaus verstehen, sehe aber auch gute Gründe sich noch nicht frühzeitig mit einer Koalitionsaussage, etwa durch einen Vorstandsbeschluss, zu binden.
Dass bisher klare Zusagen der meisten Parteien gegenüber anderen Parteien fehlen, hat seine Ursache, wie sie es auch schon richtig ansprechen. Die Erfahrungen, die in den vergangenen Jahren damit gemacht wurden, waren sehr zwiespältig. Bei der Bundestagswahl 2005 gab es zum Beispiel eine klare Blockbildung. Auf der einen Seite die SPD und die Grünen, auf der anderen Seite die CDU/CSU und die FDP. Da die Wahl jedoch keinem der Blöcke die Mehrheit brachte, wurde schlussendlich eine große Koalition gebildet, welche auf Grund der Wahlversprechen schon programmatisch nicht gerade eine optimale Ausgangslage hatte. Die FDP hätte 2005 dabei in eine sogenannte „Ampel“ gehen können, Angebote gab es mehrere, insbesondere von Bundeskanzler Schröder bereits am Wahlabend. Da wir aber eine andere Koalitionsaussage zur CDU hin gemacht hatten, haben wir uns konsequent gegen eine Ampel ausgesprochen.
Unser gegenwärtiges Fünfparteiensystem hat das Potential größerer Wahlüberraschungen und vielfältiger Wahlkampfinhalte. Gerade auf die Inhalte sollte es bei einer Wahlentscheidung primär für den Wähler und das Land ankommen.
Daher ist die Aussage in der „Erfurter Erklärung“ des CDU- Bundesvorstandes vom vergangenen Wochenende auch meiner Meinung nach, noch nicht als Koalitionsaussage zu werten, sondern lediglich als Koalitionswunsch:
"Mit der Bundestagswahl wollen wir die Große Koalition beenden. Unser Wunschpartner ist die FDP, mit der wir die größte gemeinsame politische Schnittmenge haben und dadurch Deutschland am besten voran bringen können."
Maßgeblich werden für Koalitionsaussagen letztlich nur Parteitage sein. Dabei sollten frühzeitig die Inhalte beschlossen werden (bei der FDP auf dem Parteitag im Mai) und dann rechtzeitig die Koalitionsaussage erfolgen (ca. 1 Monat vor der Wahl). Auch wenn ich, wie wahrscheinlich der größere Teil meiner Partei, eine Präferenz gegenüber einer Aussage für eine Koalition mit der CDU/CSU habe, halte ich es für unabdingbar, zuvor die Inhalte und Aussagen der CDU/CSU ab zu warten, um keinen „Blankoscheck" auszustellen. Eine Koalitionsaussage zugunsten einer Partei etwa, die ein neues Steuersystem ablehnt, werde ich nicht unterstützen. Denn entscheidend für mein Handeln als Politiker sind und bleiben die Inhalte und nicht alleine die Machtfrage. Jedenfalls gehe ich davon aus, dass auch Sie nach diesen Kriterien wesentlich entscheiden werden, wem Sie ihre Stimme geben.
Es grüßt Sie freundlich,
Otto Fricke