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Otto Fricke
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Frage von Georg S. •

Frage an Otto Fricke von Georg S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Fricke,

gerade erfuhr ich, dass der Gesetzentwurf zum Auskunftsanspruch gegen Internetprovider bei Urheberrechtsverletzungen beschlossen wurde. Nach meiner Meinung ein weiterer Schritt in Richtung Ausverkauf der Bürgerrechte. Bei Heise war zu lesen, dass die FDP sich hierbei besonders für die so genannte Content-Industrie eingesetzt hat.

Wie ist Ihre Position hierzu?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Schneider,

die Beantwortung dieser Frage und vor allem meine Positionierung hierzu hat für mich einen erheblichen Verständnisaufwand notwendig gemacht, da ich mir über die Fragen von Eigentums-, Informations-- bzw.. Freiheitsrechten eine Meinung bilden musste.

Im Ergebnis komme ich zu folgender Abwägung:
Der Auskunftsanspruch gegen Provider wird durch das "Gesetz zur Verbesserung von Rechten des geistigen Eigentums" im Urheberrecht geschaffen. Diesem Gesetz begegne ich nicht mit besonders viel Sympathie. Dieser Auskunftsanspruch beruht auf Vorgaben einer europäischen Richtlinie. Dass es sich hierbei um einen "Ausverkauf der Bürgerrechte handelt", kann ich allerdings nicht erkennen. Es ist auch im Internet erforderlich, den Rechtsschutz zu verbessern. Eine wesentliche Voraussetzung hierfür ist die Möglichkeit, in angemessener Weise die Identität von Verletzern zu ermitteln. Dazu dient der Auskunftsanspruch gegen Provider, die in der Regel als einzige über die notwendigen Daten zur Identifizierung verfügen.

Richtig ist aber auch, dass eine solche Auskunftserteilung in sensible Daten eingreift. Um Missbrauch zu verhindern, steht der Anspruch deshalb zu recht unter einem sog. "Richtervorbehalt". Die Auskunftserteilung setzt also eine gerichtliche Entscheidung voraus. Der möglicherweise Verletzte kann also gerade nicht von sich aus tätig werden. Außerdem dürfen Daten, die im Rahmen der "Vorratsdatenspeicherung" für bestimmte Zwecke gespeichert werden, für urheberrechtliche Auskunftsbegehren nicht nutzbar gemacht werden.

Die Anonymität im Internet ist einerseits zwar ein hohes Gut. Sie darf aber nicht dazu führen, dass das Internet zu einem rechtsfreien Raum wird, weil Rechte dort faktisch nicht durchsetzbar sind. Ein solcher Zustand hätte gesellschaftlich und volkswirtschaftlich langfristig verheerende Folgen und würde zu einer massiven Beeinträchtigung der allgemeinen Akzeptanz in den Rechtsstaat führen - genauso, wie eine unverhältnismäßige Überwachung des Internet. Es geht also darum, einen Ausgleich der betroffenen Interessen zu schaffen. Die FDP setzt sich deshalb sehr dafür ein, dass die notwendigen Maßnahmen für eine Verbesserung des Rechtsschutzes mit Augenmaß ergriffen werden.

Ein wirksamer Schutz der intellektuellen und kreativen Leistungen durch das Urheberrecht schafft die notwendigen Anreize für kreative Tätigkeit und für Investitionen in deren wirtschaftliche Verwertung und damit letztlich Arbeitsplätze, gerade in einem Hochlohnland, wie Deutschland.

Das gilt in besonderem Maße für die digitale Welt, die für die Nutzung und Verbreitung urheberrechtlich geschützter Inhalte Chance und Herausforderung zugleich ist. Die Modernisierung des Urheberrechts muss deshalb konsequent fortgesetzt werden. Geistiges Eigentum muss ebenso gut geschützt sein wie materielles Eigentum. Dies ist die Grundlage dafür, dass Künstler von ihrer Arbeit leben können und sich ihre Kreativität entfalten kann.

Die zunehmende Missachtung des Urheberrechts im Internet verursacht nicht nur einen hohen wirtschaftlichen Schaden. Sie ist zugleich auch eine Bedrohung für die kulturelle Vielfalt.

Bei alledem möchte ich nicht verhehlen, dass es durchaus auch Probleme mit Unternehmen gibt, die es darauf anlegen, Verbraucher/User durch aggressives Auftreten in Ihren Freiheitsrechten einzuschränken. Gerade deshalb ist es wichtig, dass Ansprüche gegen vermeintliche Verletzter nur dann durchsetzbar sind, wenn ein unabhängiger Richter von deren Notwendigkeit „überzeugt“ ist.

Es grüßt Sie freundlich

Otto Fricke

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