Frage an Otto Fricke von Emil N. bezüglich Haushalt
Sehr geehrter Herr Fricke,
Wie lässt es sich in Zeiten der „Modern Monetary Theory“ noch rechtfertigen, eine sparsame Haushaltspolitik zu betreiben, vor allem da die Refinanzierung durch quasi bedingungslose Anleihenkäufe der EZB ohnehin gesichert ist?
Sehr geehrter Emil Nassari,
vielen Dank für Ihre Frage zur Notwendigkeit einer soliden Haushaltspolitik im Zusammenhang mit den Anleihekäufen der EZB. Hierbei sind mir zwei Punkte besonders wichtig.
Einerseits sind die Ankäufe der EZB nicht bedingungslos, was die Voraussetzungen für den Kauf angeht, sondern als eine Antwort auf mehrere Krisen gedacht. Sie dienen auch dem Ziel, die Inflation in der Nähe des 2% Inflationsziels zu halten. Dieses Ziel wird seit Jahren jedoch nicht erreicht, weshalb die EZB zu eben jenen ungewöhnlichen geldpolitischen Maßnahmen wie dem Quantitive Easing greift. Der EZB ist außerdem die monetäre Staatsfinanzierung verboten. Aus diesem Grund würde ich den Ausdruck bedingungslose Aufkäufe hier nicht verwenden. Damit wir uns aber nicht missverstehen. Dass ich das hier erläutere, liegt daran, dass ich die Sachlage erläutern möchte. Es bedeutet nicht, dass ich dieses Vorgehen der EZB für richtig halte.
Andererseits ist die Modern Monetary Theory eine sehr strittige Theorie und zudem primär deshalb aktuell im öffentlichen Diskurs, weil bekannte US-amerikanische Politiker und Politikerinnen sie nutzen, um für die Machbarkeit der Finanzierung Ihrer Programme zu argumentieren. Nachverfolgbar ist das bei der Staatsverschuldung der USA, die inzwischen über der Deutschlands liegt. Eine Theorie, die Politikern verspricht, so viel Geld ausgeben zu können, wie sie möchten, ohne es an anderer Stelle zu refinanzieren, ist verständlicherweise sehr verlockend, denn Politik kann so jedem Wunsch nach Mehrausgaben oder Steuersenkungen nachgeben. Allerdings ist die Theorie in den Wirtschaftswissenschaft, vorsichtig gesagt, höchst umstritten. Gerade weil sie zwar richtig beschreibt, dass in einem Geldsystem mit sogenanntem Fiatgeld der Staat durch Obligationen in der eigenen Währung nicht insolvent gehen kann, sie allerdings unter anderem die makroökonomischen Auswirkungen nicht oder nur kaum betrachtet. Selbst Befürworter einer höheren Staatsverschuldung, wie der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman, widersprechen der Theorie deshalb deutlich.
Aus diesen Gründen bleibt eine solide und vernünftige Haushaltspolitik auch weiterhin essentielle Voraussetzungen für einen funktionierenden Sozialstaat.
Mit besten Grüßen
Otto Fricke