Frage an Otto Fricke von Heinrich A. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Scheelen,
welche Rolle spielen in Ihrer wunderbaren neuen Welt die Seniorinnen und Senioren?
Mit 50 - 60 in aller Regel ausgemusterte, erfahrene und heute besonders beschwerte Glieder unseres Gemeinwesens (es sei denn man war Politiker).
Ausgespuckt, weil sie nicht mehr verbiegbar sind und jedem vermeintlichen Zwang (Globalisierung des Unsinns) nachgeben wollen.
Ich versuche mit 59 seit 5 Jahren vergeblich nach Möglichkeiten meine Erfahrungen einzubringen.
Folglich bin ich beim BRH gelandet und bemühe mich hier Aufmerksamkeit für die größte Bevölkerungsgruppe zu gewinnen.
Gruß
Heinrich Ackermann
Sehr geehrter Herr Ackermann,
ausgehend davon, dass Ihre Frage nicht nur an meinen Kollegen Bernd Scheelen, sondern auch an mich gerichtet ist, erlaube ich mir, Ihnen wie folgt zu antworten:
Aus meiner Sicht hat neben den mentalen Hemmnissen bei der Beschäftigung oder Einstellung Älterer eine über Jahre verfehlte Tarif- und Arbeitsmarktpolitik dazu geführt, dass Ältere vom Arbeitsmarkt ausgegrenzt werden. Statt deren Integration zu fördern, richten sich viele tarifliche Regelungen nach dem Alter oder der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Um die Beschäftigungsaussichten Älterer zu erhöhen, tritt die FDP dafür ein, dass alle tariflichen und gesetzlichen Regelungen für den Arbeitsmarkt auf ihre hemmende Wirkung für die Einstellung älterer Arbeitsloser hin überprüft werden. Mögliche Hemmnisse, die einer besseren Integration Älterer in das Erwerbsleben entgegenwirken, müssen beseitigt werden. Kontraproduktive Schutzbestimmungen für ältere Arbeitnehmer, die sich z.B. in der Kündigungsschutzgesetzgebung oder auch im Sozialgesetzbuch im Hinblick auf den Vorruhestand finden, müssen nach meiner Meinung dahingehend geändert werden, dass ältere Arbeitnehmer nicht mehr benachteiligt werden.
Nur wenn sich die Rahmenbedingungen ändern haben auch ältere Menschen wieder eine reelle Chance, an einer Belebung des Arbeitsmarktes teilzuhaben.
Ich meine, dass Deutschland neben einer generell anderen Personalpolitik, die die Potenziale älterer Arbeitnehmer erkennt und würdigt, auch eine Steuer-, Wirtschafts-, Tarif- und Arbeitsmarktpolitik braucht, die zu mehr Wachstum und damit zu mehr Arbeitsplätzen führt. Erst eine deutliche Erhöhung der Anzahl der Erwerbsplätze wird zu einer Trendwende auf den Arbeitsmarkt für Ältere führen können. Heute ist jeder vierte der mehr als 5 Millionen registrierten Arbeitssuchenden älter als 50 Jahre. Diese Zahl steigt sogar noch deutlich, wenn man diejenigen mitzählt, die sich im Vorruhestand befinden oder der Bundesagentur für Arbeit nach der sog. 58er Regelung nicht mehr zur Verfügung stehen wollen.
Wenn wir im demografischen Wandel auch auf dem Arbeitmarkt bestehen wollen, müssen wir akzeptieren, dass Kompetenz, Kreativität und Innovationskraft auch jenseits der Lebensmitte vorhanden sind, dass Lernfähigkeit und persönliche Weiterentwicklung nicht mit 50 enden.
Forderungen:
- Die Beschäftigungsförderung muss lebenslauforientiert und altersneutral erfolgen und sich in Zukunft mehr der Einstellung und Qualifizierung älterer Menschen widmen.
- Das Lebensalter als Kriterium für die Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen muss gestrichen werden, da diese Regelung die Reintegration älterer Arbeitsloser erheblich erschwert.
- Permanente und individuelle Weiterbildung spätestens ab dem 45. Lebensjahr, bevorzugt im Betrieb.
Dies sind die Kernforderungen. Weitere Informationen zu Thema finden Sie auch unter www.fdp-fraktion.de in der Rubrik „Themen“. Wenn Sie mit Ihrem Zusatz in Klammern „es sei denn man war Politiker“ auf die schiefe Lage bei den Pensionsansprüchen der Politiker anspielen, kann ich Ihnen mitteilen, dass ich ebenfalls der Auffassung bin, dass sich hier etwas ändern muss. Ich bin der Meinung, dass auch die Politiker einen Teil ihres Bruttoeinkommens für die Altersvorsorge einsetzen müssen, genau wie alle anderen auch. Die FDP hat zu diesem Thema entsprechende Anträge in den Deutschen Bundestag eingebracht. Meine Eltern, die beide als Partner in der eigenen Rechtsanwaltskanzlei arbeiten, sind übrigens ein Beispiel dafür, dass man auch jenseits der 65 noch gut arbeiten kann. Meine Mutter ist 68 und mein Vater wird demnächst 70. Allerdings gebe ich zu, dass diese selbständig sind und daher weder gesetzlich noch tarifvertraglich benachteiligt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Otto Fricke