Frage an Otto Fricke von Christoph J. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Fricke,
Auch alle Sport- und Privatpilotenpiloten müssen sich neuerdings einer sehr fragwürdigen, periodischen und zudem kostenpflichtigen Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) nach dem LuftSiG "freiwillig" durch eigenen Antrag unterziehen. Sind Sie der Meinung, dass ein solcher Globalverdacht gegen eine bisher völlig unauffällige Bürgergruppe angemessen ist?
Ist das nicht reiner bürokratischer Aktionismus und Populismus auf dem Rücken von unschuldigen Bürgern, die mit all dem nicht das Geringste zu tun haben? Wird dadurch nicht der rechtstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung - und damit unser zentrales Rechtsverständnis - ausgehebelt? Sollte nicht wenigstens ein gewisser Anfangsverdacht diese ZÜP rechtfertigen?
Es hat weltweit noch nie einen lizenzierten Piloten gegeben, von welchem an Terroranschlag ausging. Es gab aber jede Menge Führerscheinbesitzer und Rucksackträger!!! Lastwagenfahrer stellen ein viel größeres "Gefahrenkontingent" dar, kommen sie doch problemlos mitten in jede Innenstadt!
Warum werden die nicht zum gläsernern Bürger gemacht, sondern nur ausgerechnet diese harmlose Minderheit?
Wo ist hier Ihrer Meinung nach das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit noch gegeben?
Werden Sie sich nach Ihrer Wahl für unsere Minderheit einsetzen?
Freiheit und Demokratie und Menschenwürde, werden sie dadurch geschützt, dass man sie schleichend gegen die Würde des Menschen einfach abschafft?
Nicht einmal die USA überprüft auf solche entwürdigende Weise ihre Altpiloten. Übrigens auch keine Ausländer mit USA - Lizenz! Nur Deutschland will einmal mehr einmalig perfekt in der Welt sein.
Welche Antworten hierauf kann ich an unsere Vereinsmitglieder weitergeben?
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Jehnen
Sehr geehrter Herr Jehnen,
Sehr geehrter Herr Thies,
Sie haben mir jeweils Briefe geschrieben, die sich mit demselben Themenkomplex befassen. Daher erlaube ich mir, Ihnen auch gemeinsam zu antworten.
Vorab ein kleiner Hinweis: Ich selbst bin, wenn auch nur für Gleitschirme, im Besitz einer Pilotenlizenz.
Ihre Bedenken hinsichtlich der aktuellen Entwicklung, dass Rot-Grün tatsächlich zu glauben scheint, durch Bürokratisierung und Pauschalverdächtigungen Terrorismus wirksam bekämpfen zu können, kann ich gut nachvollziehen, da ich diese teile.
Wir sehen uns in Deutschland derzeit einem gefährlichen Aktionismus seitens der aktuellen Bundesregierung ausgesetzt. Der Glaube, durch mehr Gesetze mehr Sicherheit zu schaffen, ist jedoch ein fataler Irrglaube. Die FDP tritt deshalb sicherheitspolitisch dafür ein, Schnellschüsse zu vermeiden und bei Problemlagen ruhig und sachlich zu analysieren, wie die bestehenden Vorschriften und Möglichkeiten zur Lösung des Problems effizienter ausgenutzt werden können. Damit kein Missverständnis entsteht: Ich bin einer Verbesserung der Sicherheit gegenüber Terrorismus aufgeschlossen, aber Sie muss effektiv sein und nicht nur dem Zweck der Beruhigung dienen.
Das von Ihnen angesprochene Flugverbot über der Berliner Innenstadt ist hier ein sehr gutes Beispiel. Im Ergebnis haben wir nun eine bürokratisch erzwungene Unfreiheit, die – wie Sie treffend herausstellen – keinen Gewinn an Sicherheit bedeutet, sondern seine Wirkung schmerzvoll an anderer Stelle, etwa bei der Tourismuswirtschaft, zeitigt.
Wir stehen für die Verteidigung der Bürgerrechte und kämpfen gegen weitere Bevormundung und unnötige Reglementierungen, die bestenfalls „gefühlte Sicherheit“ bedeutet, tatsächlich jedoch die Augen vor der Realität verschließt und unser Land lähmt.
Die FDP-Fraktion hat dem Luftsicherheitsgesetz im Deutschen Bundestag wegen schwerwiegender verfassungsrechtlicher Bedenken nicht zugestimmt. Auch teilt die FDP Ihre Bedenken hinsichtlich der in § 7 Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) vorgesehenen Sicherheitsüberprüfung. Die wiederholte Sicherheitsüberprüfung ist kein geeignetes Instrument, um terroristischen Anschlägen entgegenzuwirken. Mit ihr verbindet sich ein erheblicher bürokratischer Aufwand, ohne dass dem ein tatsächlicher Sicherheitszugewinn gegenüberstünde. Hinzu kommen erhebliche rechtsstaatliche Mängel. Das fängt damit an, dass bis zum heutigen Tage keine Durchführungsverordnung vorliegt. Die Folge ist eine höchst unterschiedliche Verwaltungspraxis in den einzelnen Bundesländern. Auf Nachfrage der FDP konnte der zuständige Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesministerium des Innern, MdB Fritz Rudolf Körper (SPD), keinen verbindlichen Termin nennen, bis zu dem eine Durchführungsverordnung vorliegen wird. Die FDP hat wiederholt gefordert, die Zuverlässigkeitsüberprüfung bis zum Vorliegen einer solchen Durchführungsverordnung auszusetzen. Unter den obwaltenden politischen Mehrheitsverhältnissen ist die FDP mit dieser Forderung leider nicht durchgedrungen.
Im Falle ihrer Regierungsbeteiligung wird sich die FDP dafür einsetzen, gemeinsam mit den Betroffenen und ihren Verbänden pragmatische und vernünftige Alternativen zur Sicherheitsüberprüfung in der jetzigen Form zu entwickeln.
Es gilt nach wie vor der Grundsatz: „Misstrauen Sie jeder Regierung, die Ihnen misstraut!“
Weitere Informationen zu unseren Positionen finden Sie unter:
www.fdp-fraktion.de
Unabhängig davon stehe ich Ihnen natürlich auch persönlich für Nachfragen zur Verfügung.
Ihr
Otto Fricke