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Otto Fricke
FDP
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Frage von Gihan H. •

Frage an Otto Fricke von Gihan H. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Fricke,

seit längerer Zeit ist Ihnen der Zustand der starken Unterversorgung der Conterganopfer bekannt. Auch die Presse hat ausgiebig darüber berichtet.

Meine Fragen:

- Wann erhalten die Opfer endlich die Entschädigung und Entschuldigung die ihnen zusteht?
- Wann erhalten die Opfer endlich eine Conterganrente nach europäischem Standard (in England gibt es z.B. die dreifache Rente)?
- Wann erhalten die Opfer endlich Hilfe bei Umbauten?
- Wann erhalten die Opfer endlich den Ausgleich dafür, dass sie nicht oder nur teilweise in die Rentenkasse einzahlen konnten, da sie nicht oder nur wenige Jahre arbeiten konnten?
- Wann erhalten die Opfer endlich die Assistenz die sie benötigen?
- Und wann beleuchtet die Politik endlich die Hintergründe des Conterganverbrechens?

Und am Schluss noch eine Frage zu dem Forschungsprojekt bezüglich der "Bedarfe" der Geschädigten:
Im Januar soll zu diesem Thema eine Sitzung im Bundestag stattfinden bei der wohl einige Entscheidungen fallen könnten. Ist diese Sitzung öffentlich? Dürfen hier alle Geschädigten kommen? Und darf sich hier auch jeder dazu äußern? Oder nur wieder ausgewählte Betroffene?

Für die Beantwortung meiner zahlreichen Fragen wäre ich ihnen dankbar.

Mit freundlichen Grüßen

Gihan Higasi

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Higasi,

vielen Dank für die Ihre Frage nach der Unterstützung contergangeschädigter Personen, die mir in dieser Form auch postalisch und per Mail mehrfach zugegangen ist. Ich stehe seit Jahren in Kontakt zum Interessensverband Contergangeschädigter in NRW und habe mich auch im Zuge der aktuellen Debatte ausführlich mit dem Thema beschäftigt und mit den Vorschlägen der Interessensvertretern des Verbandes auseinandergesetzt.
Klar ist, dass die erneute Auseinandersetzung mit einem der größten Medikamentenskandale der Bundesrepublik dringend geboten ist und von der christlich-liberalen Koalition intensiv geführt wird. Ebenfalls unzweifelhaft ist, dass es erklärtes Ziel dieser Koalition ist, eine ganzheitliche Strategie zur Verbesserung der Lebenssituation der Betroffenen zu präsentieren, die der derzeitigen Lebenssituation gerecht wird. Dass die Fragen rund um dieses Thema alles andere als einfach sind zu beantworten, ist allen Beteiligten mehr als deutlich.
Aus diesem Grund hat der Deutsche Bundestag am 22. Januar 2009 den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und der FDP zur "Sicherstellung einer angemessenen und zukunftsorientierten Unterstützung der contergangeschädigten Menschen" beschlossen (BT-Drucksache 16/11223< http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/112/1611223.pdf >). Dieser enthielt auch den Auftrag, die Lebenssituation der Betroffenen wissenschaftlich zu untersuchen und darzulegen, welche politischen Handlungsmöglichkeiten ergriffen werden müssen, um die Situation der Geschädigten zu verbessern. Problem war, dass es keine verlässliche Datenlage gab, aufgrund derer weitergehende zielgenaue Hilfen bereitgestellt werden konnten.
Mit dieser Untersuchung wurde das Institut für Gerontologie < http://www.gero.uni-heidelberg.de/ > der Universität Heidelberg unter Federführung von Prof. Andreas Kruse beauftragt. Am 27. Juni 2012 stellte Prof. Kruse im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages die 13 Handlungsempfehlungen der Untersuchung als Zwischenbericht vor.
Das zuständige Familienministerium prüft zurzeit die Empfehlungen und wird nach der Vorlage des Endberichts entscheiden, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind.
Sie können an dem gemeinsamen oben genannten Antrag der drei Fraktionen erkennen, dass die überwiegende Mehrheit des Parlamentes über die Parteigrenzen hinweg ein gemeinsames Vorgehen wünscht. Bündnis 90/Die Grünen hatten sich leider am Ende der Verhandlung - ohne Streit innerhalb des Teilnehmerkreises - entschieden, den Antrag nicht gemeinsam mit den anderen Fraktionen ins Parlament einzubringen. Ich bin jedoch der festen Überzeugung, dass das schwere Schicksal der Contergangeschädigten viele Parlamentarier sehr nahe geht und der Wille zu Verbesserungen zu gelangen, ungewöhnlich hoch ist.
In den Koalitionsfraktionen herrscht bei den Fachpolitikern Einigkeit darüber, dass weitere Verbesserungen bei der Hilfe für Contergangeschädigte dringend notwendig sind. Ich sehe das genauso.
Der Endbericht wurde zum Jahresende 2012 von Prof. Kruse dem zuständigen Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend übergeben. Dieses hat mitgeteilt, den Bericht im Laufe des Januars zu veröffentlichen. Der Bundestagsausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend < http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a13/index.jsp > hat daraufhin am 12. Dezember 2012 beschlossen, diesen Bericht in einer Sachverständigenanhörung am 01. Februar 2013 zu erörtern. Zu dieser Anhörung wurden bereits 10 Sachverständige geladen. Zu den Sachverständigen gehören zahlreiche Contergangeschädigte von den Betroffenenverbänden, die Stiftungsvorsitzende, Frau Antje Blumenthal, der Verfasser des Berichtes, Prof. Andreas Kruse sowie der auf Conterganschäden spezialisierte Mediziner. Zudem wird Herr Herterich vom Interessensverband Contergangeschädigter NRW< http://www.contergan-nrw.eu/ > als Sachverständiger gehört, der mich seit Jahren persönlich über die Situation der Betroffenen aufklärt und den ich regelmäßig in Krefeld und Berlin treffe.
Die Anhörung wird öffentlich stattfinden, d. h. alle Interessierten sind herzlich als Zuhörer willkommen. Ich kann Ihnen versichern, dass in der FDP-Bundestagsfraktion der Wille besteht, noch in dieser Legislatur zu Verbesserungen zu gelangen.
Ohne Ihre vielen detaillierten Fragen ignorieren zu wollen, möchte und muss ich aber leider auf den bevorstehenden Abschlussbericht der Universität Heidelberg und auf die Arbeit des Ausschusses verweisen, der sich im Februar intensiv mit den Detailfragen beschäftigen wird. Wenn ich also das hohe Sachniveau, dass der Ausschuss bei diesem Thema vorgegeben hat, nicht unterschreiten will, Sie gleichsam aber nicht noch länger mit der Antwort auf Ihre Frage warten lassen möchte, kann ich nur so antworten. Gerne halte ich Sie jedoch über Sachstand und Fortschritt der parlamentarischen Arbeit auf dem Laufenden, wenn Sie mir Ihre Emailadresse über meine Webseite http://www.otto-fricke.de/ zukommen lassen.

Mit freundlichen Grüßen
Otto Fricke

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