Frage an Otto Fricke von Sandra H. bezüglich Soziale Sicherung
Lieber Herr Fricke,
Sie sind zwar nicht "mein" Abgeordneter im Bundestag, aber wenn Sie mal im Radio kommen, höre ich Ihnen gerne zu. Sie können gut reden.
Meine Frage ist kurz und knackig: Was ist an der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Sozialversicherung sozial gerecht?
Ich bin gespannt auf Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Sandra Henke
Sehr geehrte Frau Henke,
zunächst einmal vielen Dank für das freundliche Kompliment. Es freut mich sehr, dass Sie die Möglichkeit nutzen sich übers Radio politisch zu informieren. Im Gegensatz zum Fernsehen hat man da als Politiker vielmehr die Möglichkeit sich ausführlich zu einem Thema zu äußern und darüber ein Stück seiner Persönlichkeit mit einzubringen. Gerne beantworte ich Ihnen selbstverständlich Ihre Frage zur Beitragsbemessungsgrenze in den gesetzlichen Sozialversicherungen. Beitragsbemessungsgrenzen gibt es zum einen in der gesetzlichen Rentenversicherung und zum anderen in der Arbeitslosenversicherung. Neben generellen Gründen für diese Maßnahme gibt es dementsprechend auch jeweils spezifische Argumente, die dafür sprechen. Die Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung beträgt etwa das Doppelte des durchschnittlichen Verdienstes aller Versicherten und wird jährlich analog zur Einkommensentwicklung neu festgelegt, die Grenze der Arbeitslosenversicherung wird entsprechend angepasst. Im laufenden Jahr beträgt die Beitragsbemessungsgrenze beispielsweise 67.200 Euro, für die neuen Bundesländer ist die Grenze ein wenig niedriger und liegt bei 57.600 Euro. Die Begründung der Beitragsbemessungsgrenze in der Arbeitslosenversicherung ist auf den Hintergrundgedanken zurückzuführen, dass ein soziales Schutzbedürfnis, welches durch die Versicherung abgedeckt werden müsste, ab einem gewissen Verdienst nicht mehr besteht. Arbeitnehmern mit entsprechend hohem Einkommen ist darüber hinaus zuzumuten, das Risiko eines finanziellen Verlust aufgrund von Arbeitslosigkeit selbst zu tragen und durch Maßnahmen zur eigenen Vorsorge abzusichern. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung ist Regelung wiederum verfassungsrechtlich bedingt. Da die Mitgliedschaft des Alterssicherungssystems in Deutschland verpflichtend ist würde durch eine unbegrenzte Heranziehung von Einkommen das Grundgesetz verletzt (insbesondere die Artikel 2 -Handlungsfreiheit und 14 -Eigentumsrecht). Gemeint ist, dass die Beitragsbemessungsgrenze den Höchstwert darstellt, bis zu dem die beitragspflichtigen Versicherten in das Umlageverfahren einbezogen werden dürfen. Zusätzlich zu diesen jeweils spezifischen Gründen wirkt in die Beitragsbemessungsgrenze sowohl in der gesetzlichen Rentenversicherung als auch in der Arbeitslosenversicherung als Leistungsbemessungsgrenze. Entsprechend dem Versicherungsprinzip fließen die Arbeitsentgelte nur bis zur versicherten Höhe in die Rentenberechnung bzw. das Arbeitslosengeld ein. Eine Anhebung oder gar ein Wegfall würde somit zunächst zwar die Einnahmen der gesetzlichen Sozialversicherungen erhöhen und niedrigere Beiträge ermöglichen, früher oder später müssten im Gegenzug jedoch dann auch höhere Leistungen gewährt werden, die wieder höhere Beiträge nach sich zögen. Aufgrund des Umlageverfahrens für Rentenversicherungen träte dieser Effekt hier erst verspätet auf. Eine Senkung der Beitragsbemessungsgrenze würde dagegen zu sofortigen Mindereinnahmen führen, so dass die Einhaltung der Beitragssatz- und Niveausicherungsziele bei der Rentenversicherung gefährdet wäre. Ich hoffe ich konnte hiermit einleuchtend erklären, welche Gründe für die Beitragsbemessungsgrenze sprechen und inwiefern sie somit als sozial gerecht betrachtet werden kann. Sollte dies nicht der Fall sein stehe ich natürlich selbstverständlich für entsprechende Rückfragen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Otto Fricke