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Otto Fricke
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Frage von Ottmar M. •

Frage an Otto Fricke von Ottmar M. bezüglich Finanzen

Guten Tag Herr Fricke,

vor einigen Tagen lobten Sie die Bundesregierung und sich im DLF für eine allseits geachtete Wirtschafts- und Finanzpolitik, obwohl die Neuverschuldung 2012 ca. 26 Mrd. betragen soll, mithin ca. 4 Mrd. mehr als 2011. Wenn die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung so erfolgreich ist, warum gelingt es dann nicht einmal in Phasen des Aufschwungs einen ausgeglichenen Staatshaushalt hinzubekommen?
Warum werden von Vermögenden keine höheren Steuern verlangt, wenn die dies zum Teil selbst nicht mehr verstehen und selbst schon eine höhere Besteuerung verlangen?
Wenn schon in Zeiten des Aufschwungs die Neuverschuldung im zweistelligen Bereich wächst, wie soll denn überhaupt einmal die Neuverschuldung verhindert werden? Wenn die FDP 2013 noch die Steuern senken will, woher soll denn das Potential kommen, um einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen? Zumal es ja kein einziges Beispiel auf der Welt gibt, wo Steuersenkungen mehr als einen Strohfeuereffekt ausgelöst haben. Im Gegenteil, zwei Musterbeispiele für Steuersenkungen für Unternehmen und Vermögende, die USA und Irland, wurden von der Finanz-und Wirtschaftskrise mit am härtesten getroffen. Schuldenbremse hin oder her, damit allein ist es ja nicht getan. Auch die Schuldenbremse gestattet ja eine geringfügige Neuverschuldung und führt damit nicht automatisch zum Abbau der Staatsschulden.
Warum brauchen die Banken sich, trotz Eingeständnis, Fehler gemacht zu haben, nicht angemessen an den Kosten der Finanzkrise, zum Beispiel durch höhere Einkommenssteuern beteiligen? Immerhin profitieren Management und Aktionäre von Boni und Dividenden, die letztendlich nur durch staatliche Finanzspritzen möglich gemacht wurden?

Ottmar Müller

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Müller,

zunächst wünsche ich Ihnen ein glückliches und erfolgreiches neues Jahr. Es freut mich sehr, dass Sie DLF-Hörer sind und das politische Geschehen darüber verfolgen. Gerade das Radio bietet im Gegensatz zum Fernsehen eher die Möglichkeit Themen umfangreich zu beleuchten. Vor allen Dingen die Themen Haushalt oder Euro-Krise lassen sich nicht in einem Dreißigsekundenstatement vermitteln. Aber auch ein längeres Interview lässt natürlich Fragen offen.
Sie haben mir am 6. Januar ein weiteres Mal per Email kontaktiert und gefragt, warum ich Ihre Abgeordnetenwatch-Anfrage noch nicht beantwortet habe und ob Sie diese Anfrage gegenüber der Presse veröffentlichen sollen. Das ist selbstverständlich Ihr gutes Recht. Dennoch gebe ich zu bedenken, dass diese Webseite ÖFFENTLICH ist und alle Fragen von mir beantwortet werden. Wie schnell dies passiert, hängt maßgeblich von meiner Arbeitsbelastung und natürlich auch den vielen Fragen über die Homepage bzw. per Brief ab. Sie werden verstehen, dass jeder Bürger das Recht hat, eine persönliche Antwort von mir zu erhalten. Ich möchte und kann Ihnen keinen Vorzug vor anderen Bürgern geben, nur weil Sie sich am "lautesten" Gehör verschaffen wollen.
Ihre Frage zur aktuellen Haushaltspolitik kann ich gut nachvollziehen und möchte Ihnen die Situation aus meiner Sicht darlegen:
Als Mitglied des Haushaltsausschusses wäre es auch mein Wunsch bereits in diesem Jahr die Neuverschuldung auf Null zu setzen. Bei einer "Alleinregierung Fricke" wüsste ich auch genau, wie dies zu bewerkstelligen wäre. Aber diese "Regierung" gibt es Gott sei Dank nicht und zu einer Demokratie gehören immer Kompromisse, die zwischen den Fraktionen und einzelnen Politikern geschlossen werden müssen. Und da Politiker immer dazu neigen, Mehreinnahmen stante pede in Mehrausgaben umzuwandeln, rechne ich es den Haushältern der Koalition hoch an, dass sie sich gegen die zahlreichen Forderungen aus der Opposition, immer neue Ausgaben machen zu wollen, gestellt haben. Oberstes Ziel der Haushälter ist die Einhaltung der im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse, die wir in diesem wie auch im kommenden Jahr nicht nur einhalten, sondern übererfüllen werden. Gleichzeitig haben wir etwaige finanzielle Risiken für das Jahr 2012 bedacht und den Verfügungsahmen nicht auf Kante genäht, wie dies z.B. noch zu Zeiten von Finanzminister Hans Eichel geschehen ist. Dass bei einer positiven wirtschaftlichen und damit steuerlichen Entwicklung die Regierung diesen Rahmen nicht vollends ausschöpft, haben wir in diesem Jahr bereits gesehen.
Als Liberaler unterstütze ich nach wie vor die Idee von Steuersenkungen, denn wenn der Staat einen zu großen Teil vom Einkommen behält, untergräbt dies nicht nur die Arbeitsmoral jeden Arbeitnehmers, sondern beschneidet auch die Freiheit eines jeden. Mehr Netto vom Brutto stärkt den Leistungswillen derjenigen, die den Erfolg der Volkswirtschaft tragen. Die FDP verfolgt kurz gesagt weiterhin das Thema Steuerentlastungen mit dem Ziel, die leistungshemmenden Wirkungen des Steuersystems zu mildern und damit mehr Wachstum und Beschäftigung zu ermöglichen.
Die Belastung deutscher Steuerzahler durch Steuern und Abgaben ist im Vergleich zu anderen Ländern zu hoch und bedarf der Korrektur. Stichworte hier sind in erster Linie die "kalte Progression" und der "Mittelstandsbauch". Erste Schritte die damit einhergehenden Ungerechtigkeiten abzumildern hat die Koaltion bereits in diesem Jahr auf den Weg gebracht. Nun muss sich nur die SPD dazu entschließen, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu ihrem Anteil am Aufschwung zu verhelfen, indem sie ihre Blockade gegen die Entlastungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Bundesrat aufgibt.
Die FDP bemüht sich intensiv darum, die Spielräume für eine größtmögliche Steuerentlastung zu erarbeiten. Dies kann nur über eine stärkere Kürzung der Ausgaben und durch eine Stärkung des Wachstums erfolgen. Dies ist allerdings wieder eine Frage der Prioritätensetzung und eine der Kompromissfindung. Hier mussten wir Liberale feststellen, dass wir wohl die einzige Partei im Bundestag ist, die den Bürger lieber weniger, als mehr belasten möchte. Dass Steuersenkungen lediglich "Strohfeuer" sind, widerspreche ich nicht nur volkswirtschaftlich. Hier gibt es zahlreiche Beispiele weltweit, die einen positiven Effekt auf Konjunktur und Beschäftigung zeigen. Wie der Sachverständigenrat der Bundesregierung in seinem aktuellen Jahresgutachten schreibt, finanzieren sich Steuersenkungen, sind sie richtig konzipiert sogar zu einem guten Teil, selbst, wenngleich natürlich nicht vollständig. Hier kann und muss es das Korrektiv der Ausgabenbegrenzung geben, für das wir Liberale stehen.
Das Thema Besteuerung von Vermögenden ist ein wichtiges, aber auch schwieriges Thema. Laut Berechnungen des Statistischen Bundesamtes trägt heute schon die besserverdienende Minderheit den Großteil der Einkommenssteuerlast. Sprich: Zehn Prozent der Steuerpflichtigen mit den höchsten Einkommen zahlen nach den jüngsten Erhebungen mehr als die Hälfte der festgesetzen Einkommenssteuer. Dagegen trägt die untere Hälfte der Einkommensbezieher nicht einmal acht Prozent zum Einkommenssteueraufkommen bei. Die christlich-liberale Koalition hat es sich zum Ziel gesetzt, vor allen Dingen die unteren und mittleren Einkommen zu entlasten. Eine stärkere Belastung von hohen Einkommen halten wir im Sinne einer bereits heute schon starken Belastung für nicht angebracht. Vor dem Hintergrund einer polemisierten Debatte, ist es sicherlich interessant, wenn Einkommensmillionäre fordern, dass sie höher besteuert werden, wenn man sich allerdings anschaut, dass der Höchststeuersatz bereits ab einem Einkommen von ca. 52.000 Euro greift, kann man diese Debatte sogleich versachlichen. Wer über die Erhöhung des Spitzensteuersatzes nachdenkt, muss sich im Klaren darüber sein, dass dies auch der relevante Steuersatz für kleine und mittelständische Unternehmen ist und daran in Deutschland viele Arbeitsplätze hängen.
Auch beim Thema der sog. "Bankenbeteiligung" gibt es, wie übrigens bei dem ganzen Thema "Finanz- und Schuldenkrise" kein schwarz oder weiß. Selbstverständlich haben manche Banken im Zuge eines freizügigen Finanzmarktes Schuld auf sich geladen und die staatlich gesetzten Grenzen über alle Maße ausgereizt. Bei der Gläubiger-Beteiligung muss man allerdings u.a. zwei Dinge beachten:
1) Welches Geld haben Banken denn in Griechenland angelegt?! Oft ist es das Geld der Sparerinnen und Sparer über Fonds, Lebensversicherungen etc. das sich in Staatsanleihen befindet. Wenn wir eine hohe Beteiligungsquote der Banken fordern, verbindet sich damit auch die Konsequenz, dass Anleger durch eine geringe Verzinsung mit an den Kosten beteiligt werden.
2) Zudem können die Abschreibungen deutschen Banken auf Griechenland-Anleihen steuerlich als Verlust geltend gemacht werden. Damit werden wiederum ein Teil der Gläubigerbeteiligung über die steuerliche Entlastung sozialisiert.
Die Finanzbranche beteiligt sich allerding schon an dem neuen mehr als 100 Milliarden Euro schweren Griechenland-Rettungspaket, indem sie Anleihen des hochverschuldeten Euro-Staates verlängert und auf Forderungen verzichtet. Im Schnitt geht dies mit 21-prozentigen Abschreibungen in den Bankbüchern einher. Wertberichtigungen generell schmälern aber den zu versteuernden Gewinn und damit auch den Steueraufwand.
Bereits im Vorfeld dessen hat das Kabinett 2010 beschlossen, dass die Banken in Deutschland an den Kosten des systematischen Risikos des Kredit- und Handelsgeschäfts beteiligt werden. Mit der Bankenabgabe zieht die Regierung die entsprechenden Konsequenzen aus der Finanzmarktkrise.
Eindeutig ist, dass Deutschland diese Krise nicht allein bewältigen kann, sondern nur in Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern. Auf dem jüngsten Gipfel am 9. Dezember konnte in diesem Sinne eine echte Stärkung der Stabilitätskultur in der Eurozone erreicht werden, indem sich sämtliche Euro Mitgliedstaaten zur Einführung nationaler Schuldenbremsen verpflichtet haben und bei Verstoß gegen die Stabilitätskriterien automatische Sanktionen greifen können. Hierdurch wird endlich ermöglicht, die ausufernde Staatsverschuldung in einzelnen Ländern und damit die eigentliche Ursache der derzeitigen Krise wirksam bekämpfen zu können!

Mit freundlichen Grüßen
Otto Fricke

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