Frage an Otto Fricke von Gerhard F. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Fricke,
als Mitglied des Haushaltsausschussees müssen Sie sich mit dem Regelwerl des ESM-Vertrages auseinandersetzen, vermute ich.
Soweit mir möglich habe ich einige Passagen darin entdeckt, die mir höchst bedenklich erscheinen. So scheint es kaum eine Möglichkeit zu geben dieses budget, einmal festgelegt, zu korregieren, erneut darüber zu entscheiden.
Die Artikel scheinen mir so ausgelegt zu sein, dass nationale Parlamente kaum noch eine Einflussmöglichkeit bekommen, einmal zugestimmt.
Ist das so?
Geben wir damit der EU eine Blanko-Vollmacht, die nicht mehr korregiert werden kann.
Wie rechfertigen Sie das als Abgeordnete gegenüber dem deutschen Volk.
Warum werden diese Artikel nicht so publiziert, dass dies jeder nachlesen kann, auch im internet zu suchen. Bei dieser Summe wäre m.E. eine volksbefragung angebracht.
Auf eine Antwort wartend
verbleibe ich mit freundlichen Grüssen
Gerhard Fischer
Sehr geehrter Fischer,
die Auseinandersetzung mit der europäischen Finanz- und Schuldenkrise wird derzeit aller Orten und sehr ernsthaft geführt. Während das Thema ESFS (Europäische Finanzierungsfazilität) die vergangenen Wochen Bestand der Beratungen des Bundestages gewesen ist, wird der Gegenstand ESM uns im Detail aber erst im kommenden Jahr beschäftigen. Dennoch werde ich im Folgenden auch noch auf den ESM zu sprechen kommen.
Der Rat der Europäischen Union hat im Oktober ein umfassendes Maßnahmenpaket beschlossen, dass insgesamt das Ziel hat, das Vertrauen der Finanzmärkte in den Euro-Raum wieder herzustellen. Die Stoßrichtung ist hier klar zu erkennen - eine kluge Vertiefung der Wirtschaftsunion mit dem Ziel die Währungsunion zu stabilisieren. Erstmalig ist mit diesem Maßnahmenpaket gelungen, ein tragfähiges Gesamtkonzept für die Lösung der Schuldenkrise, sowohl für Griechenland als auch die Minderung von Ansteckungsgefahren für den Finanzsektor sowie andere Euro-Länder zu präsentieren. Die FDP-Fraktion und die FDP-Minister setzen sich seit Monaten für eine angemessene Gläubigerbeteiligung bei neuen Griechenlandhilfen ein, fordern entsprechende Mechanismen für geordnete Umschuldungen als untrennbaren Bestandteil der Rettungsschirme, wenn die Schuldentragfähigkeit fehlt. Nur so können Haftung und Risiken ausgeschlossen werden. Gleichzeitig hat sich die FDP immer dafür eingesetzt, das Prinzip der Eigenverantwortung vor allem bei den Mitgliedern der Eurozone aufrecht zu erhalten. Hilfen gibt es nur unter strengen Auflagen und der Prämisse, auf den Pfad stabiler Staatsfinanzen zurückzukehren. Auf dem Weg zur einer stabilen Währungsunion sind jedoch noch weitere Schritte zu gehen.
Denn, die Konsolidierung einzelner Krisenländer dauert leider länger als bis zum Jahr 2013. Daher bedarf es eines Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM, der das Prinzip der mit Auflagen verbundenen Hilfen fortsetzt, der durch seine präventiven Instrumente weiterhin dafür sorgt, dass die jahrelange Schuldenpolitik zurückgefahren wird, dass die Geldgeber der Eurozone in die Zahlungsbereitschaft und den Reformprozess bei ihren Mitgliedern vertrauen können. Mit dem ESM schaffen wir den Einstieg in die Stabilitätsunion und den Ausstieg aus der Schuldenunion. Mit Umschuldungsklauseln in Staatsanleihen sowie als ultima ratio der Option einer geordneten Insolvenz für Staaten werden private Gläubiger angemessen an der Sanierung eines Staates beteiligt, der Steuerzahler wird entlastet. Mit dem ESM setzen wir das Signal in Richtung einer Vertiefung unserer Wirtschafts- und Währungsunion, von der Deutschland in erheblichem Maße profitiert und gegen ein Europa der nationalen Alleingänge, die in einer globalisierten Welt auch nicht mehr möglich sind.
Zu diesem Zeitpunkt, in dem die nationalen Regierungen aber noch über das Vertragswerk des ESM beraten und es keinen finalen Vertragsentwurf gibt, fällt es mir schwer Ihnen bereits eindeutige Antworten zu geben. Nur soweit möchte ich Sie beruhigen: Der deutsche Bundestag wird sicherlich keinem Vertragswerk zustimmen, dass die nationalen parlamentarischen Rechte bis zur Unkenntlichkeit beschneidet. Im Rahmen der Verabschiedung des ESFS durch den Bundestag haben die Parlamentarier einmütig bewiesen, dass Sie gewillt sind die Rechte des Parlaments gegenüber Europa zu stärken und einen Parlamentsvorbehalt in das Gesetz mit aufgenommen. Genauso werden wir keinem Gesetz zustimmen, dass sich jedweder Kontrolle durch demokratisch legitimierte Gremien oder Gerichte entziehen kann.
Ich möchte Sie bitten, sich erneut an mich zu wenden, wenn erste Einzelheiten zum ESM dem Bundestag zu Verfügung stehen. Gerne werde ich Ihnen dann alle Details und meine persönliche Meinung mitteilen.
Mit freundlichen Grüßen
Otto Fricke