Frage an Otto Fricke von Heike R. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Fricke,
der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, wirbt für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Dies soll angeblich die Rente sichern.
Aber genau solch eine Rentensicherung wurde uns bereits suggeriert mit Einführung der Ökosteuer, diese sollte auch langfristig die Rente sichern und zweckgebunden auch nur diese! Herr Fricke, wieviel Prozent der Ökosteuer fliesst heute direkt zur Rentensicherung?
Wer kann garantieren und wie, dass eine Mehrwertsteuererhöhung ausschliesslich der Renten dient?
Auf welches Volumen belaufen sich 2010 versicherungsfremde Leistungen, die aus der Rentenversicherung zwangsbezahlt werden?
Weshalb kann man Politiker nicht wegen Amtsuntreue haftbar machen, wenn diese nachweislich durch eigene Fehlentscheidungen Volksvermögen "verbrannt" haben?
Mit freundlichem Gruß
Heike Rogall
Sehr geehrte Frau Rogall,
ich danke Ihnen für ihre Fachfragen zum Thema Rentensicherung, die ich gerne versuche zu beantworten, soweit mir dies als Haushaltspolitiker, der sich nicht so häufig mit detaillierten Fragen bez. der Rentenversicherung auseinandersetzt, möglich ist. Zunächst darf ich Ihnen sagen, dass die Aussage von Prof. Klaus Zimmermann nicht auf Zustimmung in Parlament und Regierung gestoßen ist. Eine Mehrwertsteuererhöhung auf 25 Prozent ist nicht realistisch. Wenn ich Herrn Prof. Zimmermann recht verstanden habe, wollte er damit auch nicht die Rente sichern, sondern das strukturelle Haushaltdefizit abbauen. Auch dies entspricht weder der Position der FDP noch meiner eigenen. Der Staat hat mitnichten ein Einnahme-, sondern ein Ausgabeproblem. Die Regierungskoalition und vor allen Dingen die Haushälter der FDP setzten hier Stück für Stück die Vorschläge des ,Liberalen Sparbuches´ um. Mittel- bis langfristig streben wir einen ausgeglichenen Haushalt an, zu dem wir nicht nur laut Verfassung (sog. Schuldenbremse http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=ZTTFNA ), sondern auch gegenüber den nachfolgenden Generationen verpflichtet sind.
Nun zu Ihren Fragen:
Das Gesetz zur Ökologischen Steuerreform, dass die rot-grüne Bundesregierung 1999 beschlossen hat, sollte zwei Dinge bewirken:
. Energie sollte verteuert werden und damit Anreize zum Energiesparen und Ressourcenschutz liefern.
. Mit Hilfe der Einnahmen aus der "Ökosteuer" sollten die Rentenversicherungsbeiträge gesenkt werden, um damit Arbeitsplätze zu schaffen. In der Vergangenheit stieg der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung kontinuierlich an, wodurch der Arbeitsmarkt zunehmend belastet wurde. Während 1998 der durchschnittliche Anteil des sozialversicherungspflichtigen Entgeltes (Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) noch bei 42,1% lag, ist der Trend seit 1999 grundsätzlich rückläufig. Ohne die Ökosteuer hätte zwischen 2003 und 2005 der Rentenbeitragssatz um 1,7 Prozentpunkte höher festgelegt werden müssen.
ad 1) Insgesamt wurden 2009 18,9 Mrd. Euro Ökosteuer durch den Staat eingenommen. An die Rentenversicherung sind davon als "Beitragswirksame Mehrleistungen" (zuzüglich Altersvermögensgesetz) insgesamt 15,9 Mrd. Euro gezahlt worden.
ad 2) Der Bundeshaushalt wird nach verschiedenen Grundsätzen aufgestellt. Hierzu zählt u.a. der "Grundsatz der Gesamtdeckung" (§8 Bundeshaushaltsordnung). Das bedeutet, dass alle Einnahmen grundsätzlich zur Finanzierung aller Ausgaben dienen. Der Gesetzgeber könnte jedoch festlegen in welcher Höhe die zu erwartenden Einnahmen aus der Mehrwertsteuer der Rentenversicherung zufließen sollten.
ad 3) Für das Jahr 2003 haben Berechnungen ergeben, dass rund 12 Prozent der Rentenausgaben fehlfinanziert waren, d.h. statt durch Beiträge durch Bundesmittel finanziert wurden. Nach aktuellen Schätzungen hat sich der Anteil der Fehlfinanzierung verringert. Die Deutsche Rentenversicherung konnte aktuell keine aktuelleren Zahlen zur Verfügung stellen.
Ich sowie die mir bekannten Kollegen - handele/n nach bestem Wissen und Gewissen und selbstverständlich auch nach persönlicher und politischer Überzeugung. Eine Haftung für politische Entscheidungen ist sicherlich nicht realistisch und schließt sich aufgrund der politischen Immunität und Idemnität von Abgeordneten aus. In Ausübung anderer Tätigkeiten wie z.B. eines Aufsichtsratsmandats bei Banken wird sicherlich im Einzelfall anders entschieden. Die Diskussion verfolgen Sie sicherlich so aufmerksam wie ich. ( http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,737853,00.html )
Mit besten Grüßen aus Berlin
Ihr OttO Fricke