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Otto Fricke
FDP
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Frage von Andreas G. •

Frage an Otto Fricke von Andreas G. bezüglich Wirtschaft

Lieber Herr Fricke,

erst einmal herzlichen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Zunächst einmal ist die Idee, die Gewährung von Sozialleistungen - wie immer sie auch heißen mögen - auf eine Institution (Finanzamt) zu konzentrieren wirklich gut.
Zum Thema Mindestlohn:
Zum Thema Schwarze Schafe:
Beispiel: "Unternehmer", die Hausmeistergehilfen suchen. Diese Gehilfen sollen aber Facharbeiter sein, sprich Maurer, Fliesenleger, etc. Das bedeutet, dass diese eben nicht tariflich, sondern eben nur wie Hilfsarbeiter entlohnt werden, die dann als Kolonne in Häuser geschickt werden, um diese zu sanieren. Das führt dann meistens dazu, dass diese Arbeitskräfte Anspruch auf Staatsknete haben (Aufstocker). Sie können sicher davon ausgehen, dass das Problem der dadurch nicht gezahlten Sozialbeiträge uns wieder auf die Füße fällt.
Können Sie mir sagen, wie viele Unternehmen sich mittlerweile aus der Tarifbindung verabschiedet haben?

Mich würde sehr interessieren, wie Sie zu folgenden Thesen stehen:

1. Das Wettbewerbsargument
Die Konzerne erpressen die Politik schon seit ich denken kann mit diesem Argument:
wenn ihr dieses und jenes nicht macht, gehen wir ins Ausland und die Arbeitsplätz hier verloren. Die Politik hat meistens nachgegeben - geholfen hat es nichts.
Warum lassen wir sie nicht einfach gehen? Glauben Sie wirklich die würden das tun? Bei der Infrastruktur in Deutschland?
These: Diejenigen, die das wirklich tun wollen, machen das sowieso.

2. Zitarbeitsfirmen: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Das muss Gesetz werden, andernfalls kann das Problem der "working poor" nicht gelöst werden.

3. Demographie
Welche Paare entschließen sich Kinder zu kriegen, wenn Sie nur befristete Arbeitsverhältnisse eingehen können? Die Menschen leiden unter der Arbeitslosigkeit. Die paar schwarzen Schafe hier sind vernachlässigbar.

4. Leistungslose Einkommen müssen viel höher besteuert werden.

Vielen Dank und
Herzliche Grüße
Andreas Gehrmann

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Gehrmann,
es freut mich, dass Ihnen die Idee der zentralen Auszahlung des Liberalen Bürgergeldes über das Finanzamt zusagt. Diese Maßnahme wird hoffentlich dazu beitragen, die gesellschaftliche Stigmatisierung von Transferleistungsempfängern zu beseitigen und die Hemmschwelle zu senken, sich im wirklichen Bedarfsfall für staatliche Unterstützung zu entscheiden. Schließlich gibt es heute gerade unter Rentnern immer wieder das Phänomen, dass sie es als Schande empfinden, nach einem langen Arbeitsleben auf staatliche Leistungen angewiesen zu sein und deshalb von ihren rechtlichen Ansprüchen keinen Gebrauch machen. Oftmals leben sie dann bis zum Lebensende unterhalb des Existenzminimums. Das ist auf Dauer natürlich kein haltbarer Zustand und ich hoffe, dass wir diesen mit unserem Bürgergeld effektiver bekämpfen können als es heute der Fall ist.
Nun aber zu Ihren inhaltlichen Fragen, die ich im Rahmen von Abgeordnetenwatch natürlich nur im begrenzten Rahmen beantworten kann: Den von Ihnen beschriebenen Fall der Hausmeistergehilfen kann ich nur schlecht beurteilen. Sollten die Dinge aber so liegen wie Sie sagen und die betreffende Firma bietet die Leistung von Fachkräften an, bezahlt diese Fachkräfte aber wie ungelernte Gehilfen, sollten die Tarifpartner einer solchen Geschäftspraxis auf Dauer entgegenwirken. Sollten die Fachkräfte jedoch hauptsächlich Aufgaben erledigen, die auch von Gehilfen erfüllt werden können, spricht nichts dagegen die Personen auch wie Hilfskräfte zu bezahlen. Schließlich muss sich die Bezahlung nach der ausgeübten Tätigkeit und nicht nach der Ausbildung des Arbeitnehmers richten. Außerdem muss sich die Bereitstellung eines Arbeitsplatzes für den Unternehmer stets rechnen und darf nicht zu einem Minusgeschäft werden. Andernfalls fällt der entsprechende Arbeitsplatz schnell weg.
Was Ihr Wettbewerbsargument angeht, so fühle ich mich als Liberaler von "den Konzernen" keinesfalls erpresst und lasse mich auch nicht erpressen, womit denn auch? Gerade als FDP legen wir unseren politischen Schwerpunkt eben nicht auf die Bedürfnisse von Großkonzernen, sondern behalten vor allem den Mittelstand im Auge. Schließlich existieren hier heute mit Abstand die meisten Arbeitsplätze und werden die meisten Menschen ausgebildet. Die Entscheidung unseres Bundeswirtschaftsministers Rainer Brüderle im Fall Opel sollte hier für sich sprechen. Dennoch gebe ich Ihnen Recht, dass vergangene Regierungen durchaus einen anderen Eindruck vermittelt haben.
Auch bei Ihrer These, dass Unternehmen die unbedingt ins Ausland gehen wollen dies tun werden, stimme ich Ihnen zu. Um solche Fälle geht es aber nicht bei der Schaffung von guten Standortfaktoren. Vielmehr müssen wir darauf achten, dass jene Unternehmen in Deutschland behalten werden, die uns eigentlich gar nicht verlassen wollen. Diese Firmen könnten durch schlechte ordnungspolitische Entscheidungen und Wettbewerbsbedingungen zu einem Standortwechsel gezwungen werden, was für Deutschland fatal wäre. Diese Gefahr sehe ich durchaus, wenn es um niedrigqualifizierte Stellen im produzierenden Gewerbe geht. Hier wäre der Mindestlohn ein absoluter Jobkiller, schließlich können solche Arbeiten weltweit erledigt werden. Sich hierbei einzig und allein auf unsere gute Infrastruktur zu verlassen - ein Faktor, bei dem andere Staaten rasant aufholen - könnte daher fatale Folgen haben.
Ihre Ansicht in Sachen Zeitarbeit kann ich nicht teilen. Zeitarbeit hat sich als effektives Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bewährt. Mit Zeitarbeit können Unternehmen flexibel auf personelle Engpässe und unerwartete Auftragsspitzen reagieren. Zeitarbeitsunternehmen tragen damit zur Sicherung von Arbeitsplätzen bei, wenn Unternehmen keine Neueinstellungen vornehmen können. Für Arbeitnehmer bietet Zeitarbeit individuellen Spielraum für abwechslungsreiche, maßgeschneiderte Einsätze ohne Reibungsverluste. Außerdem bietet sie die Möglichkeit, sich in unterschiedlichen Betrieben weiter zu qualifizieren. Gerade für Arbeitslose und Berufseinsteiger ist die Zeitarbeit eine sehr gute Möglichkeit, den (Wieder-)Einstieg in eine Beschäftigung zu finden. Es ist eine Brücke zurück in den ersten Arbeitsmarkt, die sich für viele, zuvor Arbeitslose, als tragfähig erwiesen hat.
Ebenso wie eine wachsende Zahl von Überstunden gilt Zeitarbeit als Frühindikator für einen steigenden Arbeitskräftebedarf in der Wirtschaft. Insbesondere Arbeitsuchende erhalten durch Zeitarbeit einen direkten Einstieg in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Von dem hohen Bedarf nach Zeitarbeitnehmern profitieren auch Langzeitarbeitslose, die anders kaum eine Chance erhalten hätten, sich auf dem Arbeitsmarkt zu beweisen.
Die Forderung nach einer uneingeschränkten Anwendung des Grundsatzes "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" in der Zeitarbeitsbranche lehnen meine Fraktion und ich daher ab. Bei der Fülle unterschiedlicher Tarifverträge wäre die Umsetzung dieses Grundsatzes gerade für kleine Unternehmen nicht handhabbar. Sie würden mit einem unvertretbaren bürokratischen Aufwand und den damit einhergehenden Kosten belastet. Das könnte unter Umständen das Aus für viele Zeitarbeitsfirmen und Arbeitsplätze bedeuten.
Was die Frage der Demographie angeht, so glaube ich nicht, dass sich unsere Bevölkerungsentwicklung in großem Maße von befristeten Arbeitsverhältnissen abhängt. Wir alle werden uns in Zukunft darauf einstellen müssen, dass die klassische Erwerbsbiographie mit Anstellung in einem einzigen Unternehmen der Vergangenheit angehört. Vielmehr müssen wir damit rechnen viele unterschiedliche Tätigkeiten in einer Vielzahl von Unternehmen auszuüben. Das sehe ich aber nicht als Nachteil, sondern als Chance zur Verbesserung der eigenen Situation und zum Sammeln von Lebenserfahrung. Natürlich müssen wir hier als Staat darauf achten, dass der Faktor Elternschaft nicht zum Armutsrisiko wird und die Menschen sich durch solche dynamischen Lebensläufe nicht vom Kinderkriegen abhalten lassen. Doch ich bin zuversichtlich, dass dies mit Lösungen wie dem Eltern- und dem Bürgergeld gut möglich ist. In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass unsere Koalition mit einer Erhöhung des Kindergeldes hier bereits entgegenwirkt.
Ihr letztes Statement lasse ich mal so stehen, möchte aber betonen, dass das liberale Bürgergeld kein bedingungsloses Grundeinkommen, sondern ein Anreiz zu Eigenverantwortung und Engagement ist. Durch die progressive Einkommensentwicklung bei Aufnahme einer Arbeitsstelle wird beides schließlich im großen Maße gefördert.

Es grüßt sich herzlich aus Berlin

Ihr Otto Fricke

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