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Frage von Hans T. •

Frage an Otto Fricke von Hans T. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Fricke,

zum Thema "Brennelementesteuer" einige Fragen:

Sind aktuell die Kosten für Entsorgung/Endlagerung von radioaktiven Abfällen/auszuwechselnden Bauteilen u.ä. in die Energiekosten, die dem Verbraucher in Rechnung gestellt werden eingepreist?

Falls nicht, welche Gründe sprechen gegen eine entsprechende Einpreisung dieser Kosten?

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Sehr geehrter Herr Textor,

obwohl ich als Haushaltspolitiker kein Experte für Energiepolitik bin, möchte ich im Rahmen meines bisherigen Kenntnisstandes versuchen, Ihre Frage kurz und bündig zu beantworten. Für die Endlagerung gilt das Verursacherprinzip. Das heißt, dass die Verursacher der Abfälle für die Kosten von Errichtung, Betrieb und Verschluss eines Endlagers aufkommen müssen. Abfallverursacher sind Forschung, Medizin und Industrie sowie Energieversorgungsunternehmen. Die bisher getätigten Investitionen für das Zwischenlager Gorleben belaufen sich beispielsweise auf rund 1,6 Milliarden Euro. Über 90 Prozent des Betrages haben allein die Energieversorgungsunternehmen gezahlt. Auch von den zukünftigen Investitions- und Betriebskosten werden etwa 90 Prozent von den Energieversorgungsunternehmen getragen. Die Kosten für die Entsorgung und Endlagerung von radioaktiven Abfällen werden den Konzernen, die Atomkraftwerke oder andere Atomanlagen betreiben, also grundsätzlich in Rechnung gestellt und sind so auch in die Energiekosten des Verbrauchers eingepreist. So regelt es das deutsche Atomgesetz, welches zudem vorschreibt, dass der Staat für Zwischen- und Endlagermöglichkeiten zu sorgen hat, damit die strahlenden Restbestände sicher und in staatlicher Obhut verwahrt werden.

Da theoretisch jedoch erst dann Gebühren von den Betreibern erhoben werden können, wenn diese auch tatsächlich Atommüll in die deutschen Lagerstätten verbringen, der Staat aber mit immensen Errichtungskosten in Vorleistung treten muss, bittet er die Atomkonzerne mit Hilfe der Energievorausleistungsverordnung schon vorab zur Kasse. Diese Verordnung ermöglicht es, dass die Kraftwerksbetreiber schon in der Bauphase der Lagerstätten für die Kosten aufkommen müssen, die sonst allein auf den Steuerzahler zukommen würden.

Soweit der Normalfall. Womit ich als Haushälter jedoch häufiger zu tun habe, sind die immensen Kosten, vor allem durch Forschungseinrichtungen wie die Schachtanlage Asse II, die den Bundeshaushalt jedes Jahr in Millionenhöhe belasten. Hier liegt die Sache anders: Da es sich bei Asse II um eine Forschungseinrichtung des Bundes und der Länder handelt, die hauptsächlich schwach und mittleren radioaktiven Müll aus der Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe, einer Liegenschaft des Kernforschungszentrums Karlsruhe, aufgenommen hat, liegen die Kosten fast ausschließlich bei Bund und Ländern.

Grund hierfür ist die Tatsache, dass die Atommüllproduzenten für die Entsorgung in der Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe und auch für die Einlagerung in Asse II bereits gezahlt haben – zumindest für alle Abfälle, die seit dem Jahr 1975 dort hin verbracht wurden. Zuvor war von Seiten des Bundes eine kostenlose Lagerung vorgesehen, um die Möglichkeit der Endlagerung in Asse II zu erforschen. Diese Erforschung war nötig, da der Bund seinem gesetzlichen Auftrag zur Schaffung eines Atomendlagers nachkommen musste.

Wie sich nun zeigt, eignet sich Asse II nicht als Endlager. Durch Wassereinbruch in die Salzstöcke des ehemaligen Bergwerkes müssen viele der radioaktiven Abfälle wieder geborgen und an anderer Stelle eingelagert werden. Das ist mit immensen Kosten verbunden, für die heute fast ausschließlich der Steuerzahler aufkommen muss. Nicht einmal die genaue Höhe kann bisher geschätzt werden.

Natürlich handelt es sich hier zu einem Großteil um radioaktiven Abfall deutscher Atomkraftwerke. Dennoch können die Betreiber rein rechtlich nicht zur Kasse gebeten werden, da sie für die Lagerung in Asse II bereits gezahlt haben. Schließlich gilt auch hier das Prinzip, dass mit der Übernahme des Abfalls durch Asse II auch die Verantwortung auf die staatlichen Betreiber überging. Dennoch wäre es natürlich ein schönes Signal, wenn sich die Konzerne freiwillig beteiligen würden und dem Steuerzahler so einen Teil der Kosten ersparen. Zwingen können wir sie allerdings nicht. Lediglich eine Beteiligung über die geplante Brennelementesteuer, die in den allgemeinen Bundeshauhalt einfließt, ist mittelbar möglich.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage zur Genüge beantworten und bin mir durchaus bewusst, dass die ethische Grundsatzfrage der Nutzung von Kernenergie trotzdem bestehen bleibt. Sollten Sie noch spezifischere Informationen zur Endlagerung atomarer Abfälle wünschen, wenden Sie sich doch bitte an meinen fachpolitischen Kollegen, Herrn Michael Kauch, der sich schwerpunktmäßig mit Umweltfragen beschäftigt. Er hilft Ihnen sicher gerne weiter und kennt sich mit der Thematik besser aus, als ich als Haushaltspolitiker.

Es grüßt Sie freundlich aus Krefeld

Ihr Otto Fricke, MdB

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