Frage an Otto Fricke von Fabian H. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Fricke,
wie ich heute bei Spiegel-Online( http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,699422,00.html ) lesen musste, zahlt der Staat 442 Millionen Euro für Kirchengehälter. Diese zu streichen wäre eine einfache und sinnvolle Einsparung. Die Kirchen in Deutschland haben ein gehöriges Vermögen, ich sehe keinen Grund warum sie ihre "Angestellten" nicht selbst bezahlen können.
Wieso wurde dies in der Haushaltsdebatte - nach meinem Kenntnisstand - nie in Erwägung gezogen?
Mit freundlichem Gruß
Fabian Hoffmann
Sehr geehrter Herr Hoffmann,
vielen Dank für Ihre Anfrage bez. des Artikels im SPIEGEL zu den Dotationen des Staates an die Kirchen in Deutschland.
Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass der Artikel leicht missverständlich formuliert wurde. Der Autor erweckt den Eindruck, als könnte der Bund die Dotationen an die Kirchen in seinem Haushalt einsparen. Die Realität sieht jedoch anders aus:
Das Verhältnis von Staat und Kirche ist erstmals umfassend durch die deutsche Verfassung vom 11. August 1919 reichsgesetzlich geregelt worden. Diese Regelungen sind nach Artikel 140 Bestandteil des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland (GG) und damit gültiges Verfassungsrecht geworden. Nach Artikel 140 GG in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung wird der Besitzstand der Kirchen gewährleistet und ihnen sog. Dotationen gewährt. Bei diesen Dotationen handelt es sich um vorkonstitutionell begründete Leistungen an die Religionsgemeinschaften, die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhen. Die Leistungen werden jedoch nicht vom Bund, sondern von den einzelnen Bundesländern erbracht.
Die Staatsleistungen stellen vermögensrechtliche Verpflichtungen gegenüber den anerkannten Religionsgemeinschaften in Form von Pachtersatzleistungen, Besoldungs- und Pensionsleistungen etc. dar. Sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche haben mit den Bundesländern Kirchenverträge bzw. Konkordate geschlossen. Rechtsgrundlage für die Zahlung von Renten z.B. an die Bischöfe und Erzbischöfe in Bayern ist Artikel 10 Abs. 1 Buchstabe a des Bayrischen Konkordats vom 29. März 1924.
Die Höhe der Zuwendungen, die der Spiegel auf 442 Mio. Euro beziffert kann ich nicht nachvollziehen. Im Jahr 2006 erhielt die Katholische Kirche 151,8 Mio. Euro, die Einnahmen der Evangelischen Kirche aus Dotationen betrugen im Jahr 2004 222 Mio. Euro. Neuere Daten liegen derzeit nicht vor.
Ich gebe Ihnen Recht, dass der Eindruck, der durch den Artikel im SPIEGEL vermittelt wird, den Schluss zulässt hier könnte der Bund Geld einsparen, zumal es sich um Ansprüche der Kirchen aus dem vorletzen Jahrhundert handelt. Tatsächlich entscheiden die Bundesländer selbstständig über die Dotationen an die Religionsgemeinschaften. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat somit kein Recht darüber zu entscheiden. Grundsätzlich gilt für mich als Haushälter, dass der effiziente und sparsame Umgang mit Steuergeld immer oberste Priorität haben muss.
Mit freundlichen Grüßen
Otto Fricke